1/63
Looks like no tags are added yet.
Name | Mastery | Learn | Test | Matching | Spaced |
|---|
No study sessions yet.
4 Grundfreiheiten - Waren, Personen, Kapital, Dienstleistungen; gemeinsamer Markt; Umsetzung der Freiheiten durch pos. Integration (Harmonisierung) & eng. Integration (Rs Cassis de Dijon); Beteiligung von Drittstaaten am Binnenmarkt (EWR, UK, CH, DCFTAs)
Binnenmarkt als europäische Integration
MS - “Herren der Verträge”; Unionsgesetzgeber auf Vorschlag der Kommission (supranationale “Methode Monnet”); EuGH, nat Gerichte & Unionsbürger/Unternehmen - MS. Motivlage um nat Handelshemmnisse zu beseitigen; Europäischer Rat - Intergouvernementale Unionsmethode (Merkel 2010 Krisengipfel); EZB - “whatever it Takes” Draghi 2012
Akteure europäischer Integration
besondere Wirkung des Europarechts: unmittelbare Geltung, Unmittelbare Anwendbarkeit (inkl unmittelbare Wirkung), Vorrang, autonome Rechtsordnung, eigener institutioneller Aufbau, Übertragung v Zuständigkeiten
Supranationalität des Europarechts
Argumentation des Gerichtshofs: Ziel Schaffung eines gemeinsamen Markt, Effektivität, Funktionieren betrifft Einzelnen; Konsequenzen: neue Rechtsordnung des Völkerrechts, Einschränkung der Souveränitätsrechte, Einzelne als Rechtssubjekte, Ableitung von Rechten aus eindeutigen Bestimmungen des Vertrages
Unmittelbare Anwendbarkeit: Begründung & Konsequenzen
unmittelbar anwendbares Primär-/Sekundärrecht wenn: unbedingt formuliert, in sich vollständig & rechtlich vollkommen, Erfüllung/Wirksamkeit von keinen weiteren Handlungen der MS/Unionsorganen abhängig
Unmittelbare Anwendbarkeit: Voraussetzungen
EuGH: Unionsrecht entscheidet über Vorrang: keine ausdrückliche Regelung, MS haben Hoheitsrechte endgültig aufgegeben, MS darf einheitliche & vollständige Geltung des Unionsrecht nicht antasten; Folge: nat. Recht bleibt bei Kollisionsfall unangewendet
Vorrang des Unionsrechts
Anwendungsvorrang, nicht Geltungsvorrang: Rsp. Simmental II: nat Gericht lässt nat Recht unangewendet;
Vorrang selbst vor Grundrechten/Verfassung der MS: Rs 11/70 Internat. Handelsgesellschaft, Vgl Reaktion Solange-Judikatur u.a Vorbehalte MS-Verfassungsgerichte, Folge: Dynamik der EU-Grundrechtsschutzentwicklung
Art & Reichweite des Vorrangs
Costa: Vorrang qua Zielsetzung, Autonomie effet utile, Gleichbehandlung; gilt unbedingt & ausnahmslos; Aktualisierte Begründung des Vorrangs Urteile Euro Box Promotion 2021 & RS 2022: Gründe aus Costa/ENEL aufgegriffen & gestrafft, Art 4 Abs 2 EUV & Art 19 Abs 1 EUV hinzugefügt - Vorrang_Grundsatz heute fester verankert, Reichweite bleibt umstritten
Vorrang aus Unionssicht
Eigenständigkeit (Autonomie) des Unionsrecht: gegenüber MS - Rs Costa/ENEL, gegenüber Völkerrecht - Rs Kadi, aber Zsmwirken der Rechtsordnungen - Verfassungsverbund; Unmittelbare Geltung: kein staatlicher Akt für Umsetzung in den MS notwendig, Unionsrecht nicht gleich Teil des nat. Recht
Autonomie & Geltung des Unionsrechts
EuGH: Verpflichtung zur Unionsrechtskonformen Auslegung nat. Rechts; Grundlagen: Art 4 abs 3 EUV iVm Art 288 Abs 3 AEUV (RL); Adressaten: alle staatl. Organe die Recht anwenden/sprechen; Gegenstand: gilt auch für RL-Vorschriften, die keine unmittelbare Wirkung entfalten; Zeitpunkt: ab in Kraft treten der Unionsrechtsvorschrift; Ausnahmen/Grenzen: Vorschriften mit Strafcharakter, Auslegung nat. Rechts contra legem
Unionskonforme Auslegung nat. Rechts
je 1 Vertreter der Regierung der MS auf Ministerebene, rotierender Vorsitz (außer FAC: HV); Treffen in unterschiedlichen. Zsmsetzungen: Rat - “allgemeine Angelegenheiten” (GAC): Kohärenz, Vorbereitung EuR (mit EuR-Präs. & KOM-Präs.); Rat “Auswärtige Angelegenheiten” (FAC): Gestaltung der Außenbeziehungen, weitere 8 Formationen (zB ECOFIN)
Rat der EU: Zusammensetzung
öffentlich als Gesetzgeber - sonst nicht öffentlich; Regelfall: qM (Art 16 Abs 4 EUV): Wenn Vorschlag KOM/HV: 55% der Ratsmitglieder (=15/27), 65% der EU-Bevölkerung, Sperrminorität (> 35%), mind 4 Mitglieder, vgl Stimmrechner; sonst einstimmig od einfache Mehrheit; weitere: Luxemburger Vereinbarung (politisch) & Ioannia-Klausel (Erklärung)
Rat der EU: Willensbildung
Größe: eigentlich 2/3 der MS-Zahl (mit gleichberechtigter Rotation) - außer EuR beschließt einstimmig andere Regelung, Be EuR 2013: weitere 1 Kommissionar/MS; Präsidentin: Leitlinien & interne Organisation, Ernennung weiterer Vizepräsidenten (neben HV) - “Geschäftsführende VP” Aufforderung zu Rücktritt einzelner Mitglieder
Kommission: Zusammensetzung
Verfassungsgericht (idR EuGH): -)Organstreit: Vertragsverletzung, Nichtigkeit, Untätigkeit; -)Normenkontrolle: Vorentscheidung, Gutachten (VöR), -) Amtsenthebung KOM; Oberstes Gericht (EuGH): -) über Vorentscheidungen; Praktisch Letzentscheidung über ua zivil-, straf-, Verwaltungsrechtl. Fragen; Verwaltung-/Dienstgericht (idR EuG): -) Individuen: Nichtigkeit, Schadenersatz; -) Beamtenklage; Schiedsgericht; Rechtsmittel
EuGH: Verfahrensarten - Funktional
Direktklagen: -) Vertragsverletzung, -)Nichtigkeit & Untätigkeit, -)Amtshaftung, -)Dienstrecht….; Rechtsmittel; Zwischen-/Inzidentalverfahren: -) Vorabentscheidung, -)Inzidierte Normenkontrolle; Gutachten; Vorläufiger Rechtsschutz; Zwangsvollstreckung
EuGH: Verfahrensarten: Prozessual
Gründungsverträge (gleichrangig): EUV & GRC, AEUV, EAGV, Samt Protokollen; Änderungen & Ergänzungen: -) Ordentlich: Vertrag von Lissabon (+ Protokoll); -) Vereinfacht: EuR-Be zu Art 136 Abs 3 AEUV; -) Besondere: EP-Direktwahl, EuGH-Satzung; -) Beitrittsbedingte: Kroatien-Beitrittsvertrag; Allgemeine Rechtsgrundsätze (ungeschrieben)
Unionales Primärrecht (=EU-Verfassungsrecht)
Reformvertrag: Abschied vom Verfassungskonzept; Abschied vom Säulenmodell: -) Gemeinschaft wird Union → EU ist Rechtsnachfolgerin, -) GASP weiterhin Sonderstellung; EUV & EGV verändert & nicht ersetz (EGV wird AEUV); 2009 in Kraft
Vertrag von Lissabon 2007
“Amendment fatigue” - Vetopositionen in EU 27 & Heterogenität; Brexit-Änderungen?; Alternativen zu Vertragsrevision
Keine große Vertragsreform seit 2009
Ordentliche Änderungen (Art 48 Abs 2 EUV): Ohne Konvent: Änderung von Protokoll Nr 36 zu Übergangsbestimmungen (EP-Zusammensetzung Übergang Nizza-Lissabon 2009-14), Ohne Konvent: Irland-Protokoll anlässlich Kroatien-Beitritt; Vereinfachte Änderungen (Art 48 Abs 6 EUV): EuR-Be zu Art 236 Abs 3 AEUV: ESM-Vertrag. 2012; Beitrittsbedingte Änderungen (Art 49 EUV): Kroatischer Beitrittsvertrag 2012
Vertragsänderung seit Lissabon: Art 48-49 EUV
Ende des semi-permanenten Revisionsprozesses (de Witte)
• EEA bis Nizza: 1 Vertragsänderung alle 3 Jahre (EEA 1985, Maastricht 1992,
Amsterdam 1997, Nizza 2000)
• Lissabon-Prozess dauerte fast ein Jahrzehnt (Laeken-Erklärung 2001,
Verfassungsvertrag 2005 gescheitert, Lissabon in Kraft 2009
• Keine einzige ordentliche Vertragsänderung seit Lissabon (fast 16 Jahre!) und keine
in Sicht
Warum keine große Vertragsreform mehr seit Lissabon? - Befund
EU-Erweiterung: mehr Vetospieler; mehr politische Heterogenität; Ausweichen in andere Verfahren (Generalklauseln, richterliche Zurückhaltung)?
Warum keine große Vertragsreform mehr seit Lissabon?Gründe
Art 223 Abs 1 AEUV: Direktwahl 2018 (offen): beschlossen aber Spanien Ratifikation offen (DE erst seit 2024), neuer Anlauf des EP 2022 (nur Vorschlag); Art 311 Abs 3 AEUV - Eigenmittelbedschluss 2020: wesentliche Rsp für NextGenEU (Schuldenaufnahme), Ratifikation abgeschlossen; Art 311 Abs 3 AEUV - Eigenmittelbeschluss 2023 (Vorschlag): Vorschlag KOM 21.12.2021 für neue Eigenmittel
“Verfassungsdurchbrechende” Änderung seit Lissabon: Semi-autonome Änderung (=mit MS Ratifikation)
Außengebiete: -) Art 355 Abs 6 AEUV: EuR-Be 2010 betreffend Saint Barthélemy (Überseegebiet “Austritt”), Art 355 Abs 6 AEUV: EuR-Be 2012 betreffend Mayotte (Randlagegebiet, „Beitritt“); EuGH-Reformen (insbes Art 254 Abs 1, 281 Abs AEUV):
• EuGH-Statut 2012; EuG-Reform 2015/16; EuGH-Statut 2019 (BoA-Revisionssystem)
• EuGH-Statut 2025 (EuG-Vorabentscheidungen)
EIB-Satzungsänderung (Art 308 Abs 3 AEUV)
• Brexit-bedingte Anpassung 2019
• Aufstockung PL/RO-Kapitaleinlage 2019
Institutionelle Änderungen:
• Art 17 Abs 5EUV: EuR-Be. betreffend KOM-Mitglieder
• Art 252 AEUV: Anzahl Generalanwälte
“Verfassungsbrechende” Änderungen seit Lissabon: Autonome Änderungen (= ohne MS-Ratifikation)
1. Ordentliches Änderungsverfahren (Art 48 Abs 2-5 EUV)
Vereinfachtes Änderungsverfahren (Art 48 Abs 6 EUV)
• Nur Teil III, keine Kompetenzausweitung
Allgemeines Brückenverfahren (Art 48 Abs 7 EUV)
Nachbildungen zu Art 48 Abs 6 EUV (begrenzt auf bestimmten Sachbereich)
• Art 42 II 1 EUV (Verteidigung), Art 25 II AEUV (Unionsbürgerschaft), Art 218
VIII 2 S 2 AEUV (EMRK-Beitritt), Art 223 I 2 AEUV (EP-Wahlverfahren), Art 262
AEUV (geistiges Eigentum), Art 311 III AEUV (Eigenmittel)
Vertragsänderungssystem (Systematik nach Karlsruher Lissabon-Urteil 30.6. 2009)
Dynamik des europäischen Integrationsprozesses macht eine fortlaufende Änderung der EU-Verträge unentbehrlich
• Änderung = textliche Abwandlung, Ersetzung, Ergänzung oder Aufhebung von Vertragsbestimmungen
• vor In-Kraft-treten von Lissabon V (2009) gab es nur Art 48 EUV
• Heute Vielzahl an Mechanismen - Art 48 trz Kern
Vertragsänderungen in der EU: Grundzüge
de lege lata 5 Modi der Vertragsänderungen: -) Ordentliches Änderungsverfahren (Art 48 Abs 2-5 EUV); -)Vereinfachtes Änderungsverfahren (Art 48 Abs 6 EUV); Allgemeine Brückenklausel (Art 48 Abs 7 EUV); Beitrittsverfahren (Art 49 EUV); sonstige Vertragsanpassungen - kein Spezialverhältnis für Anwendung der Modi - liegt in Ermessen der Akteure
Arten der Vertragsänderung: Übersicht
klassisches völkerrechtliche Vertragsänderungsverfahren, basierend auf Änderungsverfahren der MS; Anwendungsbereich: EUV, AEUV, EURATOM + Protokolle; Ausgenommen GRC (laut Art 6 Abs 1 UAbs 1 EUV den Verträgen gleichgestellt - formell aber kein Teil von Verträgen → Änderung würde auch Art 6 Abs 1 UAbs 1 EUV ändern
Ordentliches Änderungsverfahren: Art 48- Abs 2-5 EUV
Verfahrensablauf (vier Phasen)
• Phase 1: Initiative einer mitgliedstaatlichen Regierung, des Parlaments oder der Kommission, Zuleitung an den Rat;
Phase 2: Zuleitung an den Europäischen Rat; Notifikation der mitgliedstaatlichen Parlamente, Anhörung von Parlament, Kommission und ggf. EZB; mehrheitliche Entscheidung des Europäischen Rates über die Prüfung der vorgeschlagenen Vertragsänderungen; Einberufung eines Konvents bzw. mehrheitliche Entscheidung über Nichteinberufung
Grundsatz: Konventsmethode = Vorgeschaltete Erarbeitung einer Empfehlung durch mitgliedstaatliche Vertreter, das Parlament und die Kommission
Ausnahme: Verkürzte Methode = Unmittelbare Mandatierung der Regierungskonferenz (siehe Phase 3)
• Phase 3: Einberufung einer Konferenz der mitgliedstaatlichen Regierungen durch den Präsidenten des Europäischen Rates; einstimmige Festlegung der Vertragsänderungen
• Phase 4: Ratifikation der Vertragsänderungen durch die Mitgliedstaaten
Ordentliches Änderungsverfahren: Art 48- Abs 2-5 EUV → Verfahrensablauf
basierend auf einem einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates; Anwendungsbereich: 3. Teil des AEUV (interne Politiken zB Grundfreiheiten), Ausgenommen: Kompetenzübertragungen (vgl Art 48 Abs 6 UAbs 3 EUV);
Vereinfachtes Änderungsverfahren: Art 48 Abs 6 EUV
Phase 1: Initiative einer mitgliedstaatlichen Regierung, des Parlaments oder der Kommission, Zuleitung an den Europäischen Rat;
• Phase 2: Anhörung von Kommission, Parlament und ggf. EZB, einstimmige Entscheidung des Europäischen Rates über Vertragsänderungen
• Phase 3: Annahme der Vertragsänderungen durch die Mitgliedstaaten
Vereinfachtes Änderungsverfahren: Art 48 Abs 6 EUV → Verfahrensablauf 3 Phasen
kein Änderungsverfahren im eigentlichen Sinn - ermöglicht bestimmten Bereichen den Wechsel der Verfahrensvoraussetzungen für Ausübung ihrer Kompetenzen, von Einstimmigkeit zu qM (bei Ratsbeschlüssen nach Titel V EUV), von besonderen zu ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (bei Gesetzgebungsakten nach AEUV);
Anwendungsbereich: Titel V des EUV, ges. AEUV, Außer Ratsbeschlüssen mit militärischen od verteidigungspolitischen Bezügen (Art 48 Abs 7 UAbs 1 S2 EUV), Außer Sachbereiche gem. der Liste Art 353 AEUV
Allgemeine Brückenklauseln: Art 48 Abs 7 EUV
Phase 1: Initiative des Europäischen Rates; Zuleitung an die mitgliedstaatlichen Parlamente
• Phase 2: Möglichkeit des Vetos durch ein mitgliedstaatliches Parlament
• Phase 3: Einstimmiger Beschluss des Europäischen Rates; Zustimmung des Parlaments mit einfacher Mitgliedermehrheit
Allgemeine Brückenklauseln: Art 48 Abs 7 EUV → Verfahrensablauf 3 Phasen
Aufnahme/Ausscheiden von MS macht Vertragsänderung nötig: Regeln über Zusammensetzung der Organe, Geltungsbereich des Unionsrecht… Art 49 EUV ist für Beitritt lex specialis zu Art 48 EUV
Art 50 EUV zum Austritt ist kein spezielles Verfahren der Vertragsänderungen → schafft kein Primärrecht → erforderliche Vertragsänderungen dafür befinden sich in Art 48 EUV
Beitritt: Art 49 EUV
Flexibilitätsklauseln des Art 352 AEUV ist kein Vertragsänderungsverfahren im eigentlichen Sinn - sondern weit gehende kompetenzielle Generalklausel für Lückenfüllung im Primärrecht, Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung eingegliedert & begründet keine Kompetenz-Kompetenz
Vertragsabrundung: Art 352 AEUV
Subsidiaritätsprinzip gegenüber allen anderen spezifischen Kompetenzgrundlagen, Einstimmigkeitserfodernis im Rat, Ausdrückliche Harmonisierungsverbot (Art 352 Abs 3 AEUV), Ausschluss für den Politikbereich der GASP (Art 352 Abs 4 AEUV)
Anwendungsbereich der Vertragsabrundung Art 352 AEUV wird kompensiert durch….
Veränderung des sachlichenGehalts der Verträge: Art 42 Abs 2 UAbs 1 EUV – Einführung einer gemeinsamen Verteidigung
• Art 25 Abs 2 AEUV – Unionsbürgerschaft
• Art 218 Abs 8 UAbs 2 AEUV – Beitritt zur EMRK
• Art 223 Abs 1 UAbs 2 EUV – einheitliches Wahlrecht zum EP
• Art 311 Abs 3 AEUV – Änderung des Eigenmittelrechts
Spezielle Brückenklauseln: Art 31 Abs 3 EUV - GASP; Art 312 Abs 2 S 2 AEUV - mehrjähriger Finanzrahmen; Art 192 Abs 2 S2 UAbs2 AEUV - Bereiche der Umweltpolitik
sonstige Vertragsanpassungen
Stein/Weiler: “Transformation” Europas: EuGH verwandelt EG von internat. in konstitutionelle Ordnung (van Gene, Costa)
Grimm: “Überkonstitutionalisierung” als demokratisches Problem: Marginalisiert demokratisches Mandat der EU-Gesetzgeber, weil viel „reguläre“ Gesetzgebungsmaterien in den Verträgen liegen und damit dem demokratischen Prozess entzogen sind; „Entkonstitutionalisierung“ von Politikerbereichen mittels Revision
Piris: Neuer Kerneuropa-Vertrag mit flexibleren Revisionsklauseln: Austritt (Art 50 EUV) & neuer Vertrag mit erleichterter Revision; was passiert dann mit bestehender EU?
Umgang mit der Rigidität des EU-Primärrechts: 3 Überlegungen
Flexible Integration: erlaubt Alternativen zu blockierter Gesetzgebung für „Koalition der Willigen“ unter Nutzung bestehender institutioneller Strukturen (zB Scheidungsfolgenrecht, EPPO, PESCO, SSM, konstruktive Enthaltung)
• Vertragliche Opt-outs: erlaubt einstimmige Revision trotz Widerstands, indem Veto-MS Recht auf „Opt-out“ bestimmter Bereiche erhält (zB UK/DK Eurozone, IE Schengen)
• Völkerrechtliche Inter-se-Verträge (zB ESMV)
• Europäischer Rat als Verfassungsgeber (zB NGEU 2021)
•„Deference“ des EuGH gegenüber technischen (EZB, Agenturen) oder politischen (EP/Rat) Akteuren
• Praxis (zB EP-Versuch betreffend Spitzenkandidatenverfahren)
Umgang mit Rigidität: Umgehungen
weiter wie bisher
Schwerpunkt Binnenmarkt: va neg. Integration, Stillstand für flankierende Politiken
Koalition der Willigen - wer mehr will tut mehr
weniger aber effizienter: Prioritäten mit gemeinsamen Entscheidungen wie bei Wettbewerb & Bankenaufsicht, dafür Regionalisierung
viel mehr Gemeinsamens Handeln: Methode Monnet für neue Finanzmittel, Migrationspolitik, Sicherheitspolitik, Verteidigungsunion
Reform der EU: Juncker-Weißbuch 2017 zur Zukunft Europas: 5 Szenarien
mehr qM & oGGV; Initiativrecht für das EP; EP nominiert KOM-Präsidenten, EuRat gibt Zustimmung (einfache Mehrheit); KOM als “Europäische Exekutive (15 Mitglieder, 12 Undersecretaries): “Präsident der EU” (vereinigt Ämter der KOM/EuRat-Präsidenten), Union Secretary for Foreign Affairs and Security Policy (=High Repr.), Union Secretary for Economic Governance; noch weitrechendere Vorschläge des EP-Veefassungsausschusses (AFCO): Erleichterung qM (50%/50%), neue Regeln f Vertragsänderung, assoziierte Mitgliedschaft
Vorschlag für eine Vertragsreform: EP 2023 - Institutionelle Reformen
Mehr Kompetenzen: Ausschließliche: Umwelt, Biodiversität, Klimawandelhandlungen; Geteilte: öffentl. Gesundheit, Zivilschutz, Industrie, Bildung; verstärkte Subsidiaritäts-Kontrolle; Reform des Rechtsstaatlichkeitsverfahrens (EuGh-Kompetenzen, EP-Antragsrechte); Mehr qM in der GASP: Sanktionen, Zwischenschritte im Erweiterungsverfahren; Binnenmarkt/Finanzen: neue Notfallklauseln (Art 122 AEUV) mit EP-Beteiligung; neues Sozialpolitik-Protokoll
Vorschlag EP 2023: Neue EU-Kompetenzen
Art 4 Abs 3 EUV: UAbs 1: gegenseitige Rücksichtnahme auf die jeweiligen Interessen der EU/MS;
UAbs 2: einheitliche & uneingeschränkte Umsetzung der unionsrechtlichen Verpflichtungen, insbes. bei Ausgestaltung der nat. Rechtsordnung; Prinzip der unionsrechtskonformen Auslegung; wirksamer administrativer Vollzug des Unionsrechts (soweit kein unionsmittelbarer Vollzug);
UAbs 3: originär unionsrechtliches Prinzip (“Geschäftsgrundlage des ges. Integrationsprojekts”), Rglm. Ausgangspunkt zur dynamischen Auslegung des Unionsrechts herangezogen
Loyale Zusammenarbeit - Unionstreue
Art 4 Abs 2 EUV: Gegengewicht zu Art 4 Abs 3 EUV; Rechtspflicht die durch EU & ihren Organen bei all ihren Tätigkeiten zu beachten ist; stellt Gleicheit, Eigenständigkeit & Staatlichkeit d MS heraus → unterstreicht ihren Eigenwert innerhalb der EU; nat. Identität = Bestand aus Ideengehalt & Werten die die Eigenart des Staates/Volkes prägen; spielt insbes. bei Auslegung des Unionsrecht durch EuGH eine Rolle
Achtung der nat. Identität
Art 5 EUV
Begrenzte Einzelermächtigung
Anwendungsvorrang: grds von nat. Verfassungsgerichten akzeptiert aber Divergenzen bzgl Reichweite & Begründung; Tendenz: MS verstehen Vorrang enger
Vorrang aus MS-Sicht
Begründung & Entwicklung: kein eigener “Europaartikel”, sondern “Anlass-BVGs” & Staatsverträge gem Art 50 B-VG; bis 2008 Anlass-BVGs - zb Beitritts-BVG (Volksabstimmung), Amsterdam-BVG, Nizza-BVG; Art 50 Abs 1 S2 B-VG: “Staatsverträge, durch die die vertraglichen Grundlagen der EU geändert werden” benötigen Quoten wie bei Verfassungsgesetzen; Änderungen sind an Grundprinzipien der Bundesverfassung zu messen (keine Integrationsschranken)
Österreichisches Verfassungsrecht: Entwicklung
Mitwirkungsrechte (Art 23a-k B-VG): Informationspflichten BReg, Stellungnahme NR/BR, Zustimmung zu Brückenklauseln….; bei Stellungnahme des NR grds Bindung des Ministers im Rat
Österreichisches Europaverfassungsrecht: Mitwirkung
Verfassungsverbund (Voßkuhle): Netzwerk der MS-Verfassungsgerichte & EuGH, “Kooperationsverhältnis” Maastricht, Wer bewacht den Wächter?;
MS-Sicht: Verfassungskern als mögliche Integrationsschranke und deren Schutz durch nat. (Verfassungs-)Gerichte;
EU-Sicht: Autonomie der Unionsrechtsordnung und wirksame & einheitliche (vorrangige) Anwendung des Unionsrechts durch EuGH Art 19 EUV;
Unionsrechtliche Ansatzpunkte: Art 4 Abs 2 EUV, Art 267 AEUV, Art 6 EUV
Kontrolle des EuGH durch nat. (Verfassung-)Gerichte
Identitätskontrolle als allg. Maßstab - BVerfGE 142, 123 Gauweiler;
Identitätskontrolle ieS: Grenze des Übertragbaren, Maßstab: unantastbarer Kerngehalt dt Verfassungsrechts (Art 79 Abs 3 GG);
Kompetenzkontrolle: Grenze des Übertragenen (Ultra vires), Maßstab: EU-Primärrecht;
Grundrechtskontrolle: “Solange” als Reservevorbehalt, vgl Unionsgrdrechte als Prüfungsmaßstab nat. Rechts
Unionsbezogene Kontrollkompetenzen des BVerfG im Überblick
Ausbrechende EU-Rechtsakte in DE unanwendbar: Ultra-vires-Akt, nur Sekundärrecht, keine Verträge (vgl aber poln. Känguru-Verfassungstribunal);
Voraussetzungen: (BVerfG 126, 286 Honeywell): 1. Offensichtlichkeit, 2. strukturell bedeutsame Verschiebung ung des Kompetenzgefüges, 3. EuGH hatte Gelegenheit zur Stellungnahme;
Karlsruhe “a dog that barks does not bite”: barking - Solange I/II, Lissabon/Honeywell, Gauweiler; “biting” - Weiss, Tschechien - Landtova, Polen- Richterliche Unabhängigkeit
Kompetenz des BVerfG
Vorgeschichte: 2. BVerfG-Vorlage zum PSPP & Bedingungen für EZB-Aleihenkauf, EuGH 2018, C-493/17, Weiss (PSPP): PSPP ist verhältnismäßig;
BVerfG 5.5.2020: Ultra-vires-Urteil: fehlerhafte Verhältnismäßigkeitsprüfung durch EuGH/EZB: kein ausreichendes Abwägender faktischen wirtschaftlichen Konsequenzen mit geldpolitischen Ziel; EuGH-Urteil ist Ultra-vires → nicht bindend in DE; PSPP-Beschluss der EZB (potenziell) ultra-vires - Nachweis EZB-Prüfung binnen 3 Monaten
Fallbeispiel Rs Weiss (PSPP)
Grundrechtecharta Abs 1: seit 2000 Rechtserkenntnisquelle, seit Lissabon verbindlich;
EMRK-Beitritt Abs 2: seit Lissabon;
Grundrechte als allg. Rechtsgrundsätze Abs 3: insbes. vor Lissabon für EuGH-Grundrechtsprechung relevant
Grundrechteschutz - Zentralnorm Art 6 EUV
EuGH-Rsp: Anwendungsbereich des Unionsrecht → Anwendungsbereich GRC;
Anwendung von Unionsrecht als “Durchführung von Unionsrecht” iSv Art 51 GRC: Umsetzung von RL (RS C-167/10, Akerberg Franson), Enschränkend: Sekundärrecht mit spezifischen MS-Verpflichtungen (Rs C-206/13, Siragusa); Gefährdung der Einheit, Vorrang & Wirksamkeit des Unionsrechts (Rs C-198/13, Hernandez);
auch bei Beschränkung v Grundfreiheiten (Rs C-260/89, ETR)? - eigentlich: grundrechtskonforme Auslegung der Grundfreiheiten-Schranken
Relevanz der GRC für EU-MS
Schutzbereich (Orientierung an GRC - früher an EMRK)
Eingriff
Grundrechtsschranken (Verhältnismäßigkeit iSv Art 52 GRC):
Gesetzesvorbehalt, Gemeinwohl, Verhältnismäßigkeit (Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit - Verhältnismäßigkeit ieS), Wesensgehalt
Grundrechte Prüfungsschema
GRC & Unionsgrundrechtsschutz Qualifikation allgemeine Rechtsgrundsätze
GRC & nat. Grundrechte (Art 53 GRC: Schutzniveau)
GRC & “materieller” sowie formeller EMRK-Beitritt
Europäische Grundrechte & sonstiges Völkerrecht: externe Konstitutionalisierung (Kadi)
Europäischer Grundrechtsschutz im Mehrebenensystem: Themen
Allg. Rechtsgrundsätze & GRC: früher: Lückenfüllung der ARGS, heute: GRC allgemeiner Maßstab; Polen-Protokoll: Einschränkung der Justiziabilität der GRC?; unterscheide allg. Rechtsgrundsätze von “Grundsätzen” der GRC gem Art 52 Abs 5 GRC
GRC & allg. Rechtsgrundsätze
Art 53 GRC
2.1 GRC & nat. Grundrechte - GRC als Mindeststandard
Ausnahme des Art 53 GRC: Ausnahme bei Gefährdung der Wirksamkeit, Einheit & Vorrang des Unionsrechts (Rs C-399/11, Melloni): hier GRC nicht nur mindest sondern auch höchst Standard - im Konfliktfall Vorrang GRC (mit niedrigerem Schutz), Europäischer Haftbefehl: abschließende Harmonisierung der Ausnahmetatbestände
2.2 GRC & nat. Grundrechte: GRC als Höchststandard
Defensiv - Schutz der nat. Grundrechte: -) Defensiv-konfrontativ: Identitätsvorbehalt, -) Defensiv-kooperativ: Solange-Vorbehalt;
Offensiv - Aufnahme in die nat. Grundrechte: Konstitutionalisierung der GRC in einigen MS, GRC tw MS-verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab (AT, IT, BE, FR, DE), Arbeitsteilung EuGh, Vfg & Fachgerichte (BVerfG - Recht auf Vergessen)
2.3 GRC & nat. Gerichte: Verfassungsgerichtsverbund
Charta-Erkenntnis VfSlg 19.632/2012: Sachverhalt & Entscheidung;
Kern: Äquivalente Grundrechte bei Beschwerden als verfassungsgesetzlich gewährleistete → Maßstab für generelle Normenkontrolle: wenn GRC & Ö. Grundrechte in Formulierung gleich, Begründung für neuen Ansatz: Äquivalenzgrundsatz - äquivalente Grundrechte Bsp: Privat-& Familienleben,…;
in Praxis nur subsidiäre Relevanz weil VfGH bei gleichen auf Basis nat. Grundrechte prüft
GRC & nat. Grundrechte: VfGH
Bis 2019: keine Prü fung vor BVerfG wegen Anwendungsvorrangs
• Basis Trennungsthese (GG-Grundrechte/Unions-Grundrechte)
Seit Recht auf Vergessen I/II (2019):
• bei vollständiger EU-Vereinheitlichung eines Regelungsbereichs EU-
Grundrechte Prü fungsmaßstab (BVerfGE 152, 152 – Recht auf Vergessen II)
Basis Integrationsverantwortung
• bei gestaltungsoffenem Unionsrecht primä r GG-Grundrechte als
Prü fungsmaßstab (BVerfGE 152, 216 - Recht auf Vergessen I)
dort Vermutung, dass GRC-Schutzniveau damit gewä hrleistet, sonst auf Basis GRC
• Rolle des BVerfG zwischen EuGH und Fachgerichten
2.5 GRC & nat. gerichte: BVerfG
vor GRC: EMRK als rechtserkenntnisquelle für allg. Rechtsgrundsätze (art 6 EUV); Art 52 Abs 3 GRC: EMRK-Konformitätsklausel zur Vermeidung von Divergenzen: inkl. EGMR-Rsp, auch EMRK-Schranken relevant für GRC-Schranken; Art 53 GRC: höheres Schutzniveau der EMRK zulässig
3.1 GRC & “materieller” EMRK-Beitritt
Vorgeschichte: fehlende Kompetenz (Gutachten 2/94); Art 6 Abs 2 EUV (Rechtsgrundlage) sowie Protokoll Nr 8 (Schutz der Autonomie); Protokoll Nr 14 zur EMRK (seit 2010); EuGH-Gutachten 2/13: Hindernisse für Beitritt: Autonomie, Mitbeschwerdegegner, unvollständige Vorabbefassung, GASP. neue Verhandlungen
3.2 Formeller EMRK-Beitritt
EuGH mit vollumfänglichem Auftrag für EU-Grundrechtsschutz
• Rs Kadi I & II: Rechtsgemeinschaft -> unbeschränkter Grundrechtsschutz
• Keine Ausnahme für GASP/executive discretion etc.
• Dualistische Position
• Relevanz für völkerrechtliche Verpflichtungen der EU/MS?
• „Externe“ Vollendung der (bisher „internen“) Konstitutionalisierung
(Autonomie)
GRC & (sonstiges) Völkerrecht