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Paternalismus
Diese Spannung zwischen Selbstbestimmung und Fremdbestimmung
verweist auf Paternalismus. Die Vorstellung, dass es gerechtfertigt
sei, zum Wohl des/der anderen («zu ihrem/seinem eigenen Besten»)
in deren/dessen Leben einzugreifen, es zu regeln ohne
Berücksichtigung des Willens und ohne das Einverständnis der
betroffenen Person.
Paternalistisches Handeln (entmündigendes Handeln, weil sich
jemand selbst schädigt, bevormundendes Handeln)
➔ Gern gebrauchte Begriffe sind: Anreiz, Anregen, fördern etc.
➔ «Sie sollen» ist übersetzt kein wollen (kognitive Dissonanz)
Paternalistische Aspekte finden sich auch unter dem Grundsatz
der Selbstbestimmung im Berufskodex: «Das Anrecht der Menschen,
im Hinblick auf ihr Wohlbefinden, ihre eigene Wahl und
Entscheidung zu treffen, geniesst höchste Achtung, vorausgesetzt,
dies gefährdet weder sie selbst noch die Rechte und legitimen
Interessen anderer.»
➔ Siehe die fürsorgerische Unterbringung, Umgang mit
Kindern, welche das Milieu stören
Problematik Paternalismus
Ist Paternalismus immer «verwerflich»? Unterscheidung von:
- Schwachem Paternalismus
- Starkem Paternalismus
Unterschiedliche Entscheidungssituationen- unterschiedliche
Antworten:
- urteils- und entscheidungsfähig
- vorübergehend nicht urteils- und entscheidungsfähig
- dauerhaft nicht urteils- und entscheidungsfähig
- In den letzten beiden Situationen kommen Überlegungen
zum mutmasslichen Willen und zum Interesse (best-
interest-Standard) der Klientin bzw. des Klienten zum Tragen
- Aber auch Überlegungen zur Unterstützung von
Selbstbestimmung bzw. selbstbestimmten Entscheidungen
➔ Mit diesen Fragen ist man immer wieder konfrontiert
Nudging als Rebranding von Paternalismus
Richard Thaler: Nudging zielt darauf, jemanden einen kleinen Schubs
(nudge) zu geben, damit er eine «richtige» Entscheidung trifft.
Hintergrund: Rationalitätsanomalie des Menschen bzw. Einsicht,
dass Menschen nicht immer das tun, was vernünftig oder «gut» für
sie ist. Daher wird «Entscheidungsarchitektur» so angelegt, dass
Menschen die richtige Wahl treffen
➔ Klassische Form: positive und negative Anreize aka fördern
und fordern (siehe Aktivierungspolitik)
Bei Nudging ist entscheidend, dass es nicht um Verbot oder Gebot
geht – also auch nicht um Anreiz und Sanktion –, sondern um einen Anstoss.
Libertärer Paternalismus
Libertärer Paternalismus: Verhaltenssteuerung ohne Zwang und
freiwilliger «richtiger» Entscheid durch geeigneten Stubs
➔ Wie gehen wir damit um? Bestrafen wir Menschen, wenn sie
nicht das tun, was sie tun sollen? Was tun wir mit
Menschen, welche nicht auf positive Anreize reagieren?
➔ Wer steuert wen, warum, wie und mit welcher Legitimation?
Autonomie und Würde
Autonomie bzw. selbstbestimmte und eigenverantwortliche
Lebensführung ist Kern eines menschenwürdigen Lebens (Lob
Hüdepohl, S. 42)
Selbstbestimmung und Würde sind zentrale Aspekte der Berufsethik
der Sozialen Arbeit (Berufskodex Art. 8, Abs. 2). Soziale Arbeit zielt
auf Unterstützung zu einem solchen menschenwürdigen Leben.
Würde nicht allein durch die freie Wahl gesichert, denn die Wahl ist
nicht immer frei. Also garantiert die freie Entscheidung noch nicht
die Würde. Würde ist auch durch Gesellschaft bestimmt und nicht
nur durch freiwillige Entscheidung – Rahmenbedingungen
➔ Beispiel Zwergenwerfen: Ein Mensch darf nicht
instrumentalisiert werden, eine «freie Wahl» reicht nicht,
Würde wird auch von der Gesellschaft bestimmt.
➔ Beispiel seniler «dreckiger Mann»: Wie sichert man würde?