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Was ist Schall? Beschreibe kurz deren Wahrnehmung und die verschiedenen Arten von Schall.
Was ist Schall?
Adäquater Reiz für das Gehör ist Schall – also mechanische Wellen, die sich in einem elastischen Medium (meist Luft) ausbreiten.
Schallquellen sind Körper, die Schwingungen erzeugen können. Diese Schwingungen erzeugen Verdichtungs- und Verdünnungszonen in der Luft, die sich wellenförmig ausbreiten.
Die Ausbreitung entsteht durch Impulsübertragung: Moleküle stoßen an benachbarte Moleküle, wodurch sich die Schwingung fortsetzt.
Schallgeschwindigkeit in Luft: ca. 335 m/s.
Wie wird Schall wahrgenommen?
Schallwellen treffen auf das Trommelfell, das dadurch zu Schwingungen angeregt wird.
Diese Schwingungen werden in einem mehrstufigen Prozess (über Mittelohr, Innenohr, Haarzellen) in Nervenimpulse transformiert.
Arten von Schall
Reiner Ton: nur eine Frequenz (z.B. Stimmgabel).
Klang: Grundfrequenz + Obertöne (z.B. schwingende Saite).
Geräusch: komplexes Frequenzgemisch ohne systematischen Zusammenhang.
Was sind die physikalischen Merkmale von Schall?
Physikalische Merkmale von Schallwellen
Amplitude:
Differenz zwischen Maximaldruck und Minimaldruck.
Entspricht der Lautstärke.
Frequenz:
Anzahl der Schwingungen pro Sekunde (Hertz, Hz).
Bestimmt die Tonhöhe.
Schallintensität
Beschreibt, wie viel Schallenergie pro Sekunde durch eine Fläche tritt.
Proportional zum Quadrat des Schalldrucks.
Einheit: Watt/m².
Was ist der Schalldruckpegel?
Schalldruckpegel
Wegen der enormen Spannweite der Hörschwelle wird der Schalldruck logarithmisch skaliert:
Formel: S = 20 log(p/p₀)
S: Schalldruckpegel (in dB)
p: Schalldruck
p₀: Referenzdruck (2 × 10⁻⁵ N/m²; entspricht Hörschwelle)
Ein zehnfacher Schalldruck bedeutet eine Steigerung um 20 dB.
Die Unterschiedsschwelle liegt bei etwa 1 dB, wenn Töne gleicher Frequenz unterschiedlich laut erscheinen sollen.
Schalldruckpegel-Skala
Reicht von 0 dB (Hörschwelle) bis 160 dB (Schmerzgrenze).
Werte über 120 dB gelten als gehörschädigend.
Beschreibe das äussere Ohr.
Äußeres Ohr
Bestandteile:
Ohrmuschel (Auricula/Pinnae): bündelt Schallwellen wie ein Parabolspiegel in Richtung Gehörgang, bzw. leitet den Brennpunkt da.
Äußerer Gehörgang: ca. 3 cm lang, außen knorpelig, innen knöchern.
Endpunkt: Trommelfell (Membrana tympani) – dünne Membran, trennt äußeres Ohr vom Mittelohr (aber diese gehört anatomische gesehen zum Mittelohr).
Beschreibe das Mittelohr (Aufbau, Funktion, Knocken, Muskeln)
Mittelohr
Aufbau und Funktion
Lage: Direkt hinter dem Trommelfell; luftgefüllter Raum mit der Paukenhöhle als Hauptstruktur.
Druckausgleich: Über die Eustachische Röhre (Tuba eustachii), die beim Schlucken den Druck an den Außendruck anpasst.
Wichtig beim Fliegen/Tauchen.
Fehlender Ausgleich (z. B. bei Erkältung) → Verformung des Trommelfells → Hörminderung.
Gehörknöchelchen
Hammer (Malleus) – mit dem Trommelfell verwachsen.
Amboss (Incus) – gelenkig mit Hammer und Steigbügel verbunden.
Steigbügel (Stapes) – endet in der beweglichen Fußplatte im ovalen Fenster des Innenohrs.
Überträgt Schwingungen kolbenartig in die Flüssigkeit des Innenohrs.
Muskuläre Kontrolle
Zwei Muskeln:
Musculus tensor tympani
Musculus stapedius
Funktion: Dämpfung lauter Geräusche durch Einschränkung der Knöchelchen-Beweglichkeit.
Was ist eine Mittelohrentzündung (Synonym)? Beschreibe diese.
Mittelohrentzündung (Otitis media acuta)
Häufigste Ohrerkrankung, besonders bei Kindern.
Ursprung meist: Infektion über die Eustachische Röhre aus dem Nasen-Rachen-Raum.
Erreger: meist Bakterien (z. B. Streptokokken), seltener Viren.
Symptome: Ohrenschmerzen, Fieber, Schwerhörigkeit.
Komplikationen: Meningitis, Hirnabszesse, Gesichtslähmung.
Therapie: i. d. R. Antibiotika, Ausheilung in 2–4 Wochen.
Was sind die verschiedenen Knocken im Mittelohr? Wozu dienen sie?
Gehörknöchelchen
Hammer (Malleus) – mit dem Trommelfell verwachsen.
Amboss (Incus) – gelenkig mit Hammer und Steigbügel verbunden.
Steigbügel (Stapes) – endet in der beweglichen Fußplatte im ovalen Fenster des Innenohrs.
Überträgt Schwingungen kolbenartig in die Flüssigkeit des Innenohrs.
Physik der Schallübertragung:
Problem: Übergang Luft → Flüssigkeit
Schallwellen verlieren 98 % ihrer Energie beim direkten Übergang Luft → Flüssigkeit wegen Impedanzunterschied.
Das Ohr kompensiert diesen Energieverlust durch ein mechanisches Verstärkungssystem:
Lösungen durch das Mittelohr:
Verhältnis der Flächen: Trommelfell ist 17-mal größer als die Steigbügelplatte → Druckverstärkung.
Hebelwirkung durch Hammer–Amboss-Kombination.
Gesamtverstärkung des Drucks: Faktor 22.
Optimale Übertragung
Frequenzbereich von 300–3000 Hz wird am effizientesten weitergeleitet – genau der Bereich der menschlichen Sprache.
Beschreibe die Physik der Schallübertragung.
Physik der Schallübertragung
Problem: Übergang Luft → Flüssigkeit
Schallwellen verlieren 98 % ihrer Energie beim direkten Übergang Luft → Flüssigkeit wegen Impedanzunterschied.
Das Ohr kompensiert diesen Energieverlust durch ein mechanisches Verstärkungssystem:
Lösungen durch das Mittelohr:
Verhältnis der Flächen: Trommelfell ist 17-mal größer als die Steigbügelplatte → Druckverstärkung.
Hebelwirkung durch Hammer–Amboss-Kombination.
Gesamtverstärkung des Drucks: Faktor 22.
Optimale Übertragung
Frequenzbereich von 300–3000 Hz wird am effizientesten weitergeleitet – genau der Bereich der menschlichen Sprache.
Beschreibe das Innenohr (Aufbau, Anatomie, Stereozilen)
Innenohr
Allgemeiner Aufbau
Das Innenohr enthält zwei Sinnesorgane:
Gleichgewichtsorgan (Vestibularapparat, → Kapitel 14)
Hörorgan (Cochlea / Schnecke) – zuständig für Schallverarbeitung
Die Cochlea:
Knöchernes, spiralförmig eingedrehtes Rohr
Teil des sogenannten Labyrinths, gemeinsam mit dem Gleichgewichtsorgan
Anatomie des Schneckengangs
Cochlea besteht innen aus drei übereinanderliegenden Kanälen:
Scala vestibuli
Scala media (enthält das Corti-Organ)
Scala tympani
Scala media:
Dünnster Kanal
Ort der Transduktion von Schallschwingungen in neuronale Signale
Liegt zwischen den beiden anderen Skalen
Getrennt von der Scala tympani durch die Basilarmembran
Corti-Organ (Hörsinnesorgan)
Sitzt auf der Basilarmembran
Bedeckt von der Tektorialmembran (membranöses „Dach“)
Haarzellen
Sinneszellen des Hörens, unterteilt in:
1 Reihe innerer Haarzellen
3 Reihen äußerer Haarzellen
Gesamtanzahl: ca. 16.000 Haarzellen
Stereozilien (Stereovilli)
Feine Härchen auf der Zelloberfläche (ca. 80 pro Zelle), geordnet nach Länge
Verbunden über Tip Links:
Dünne Eiweißfäden, die mechanisch gekoppelte Bewegung sicherstellen
Verbinden kleinere mit größeren Stereozilien
Kontrollieren Ionenkanäle, die sich durch mechanische Deformation öffnen/schließen
Unterschied Innen-/Außenhaarzellen
Äußere Haarzellen: Stereozilien mit der Tektorialmembran verbunden
Innere Haarzellen: Stereozilien nicht mit der Tektorialmembran verbunden
Neurophysiologie
Haarzellen erzeugen Sensorpotenziale, aber keine Aktionspotenziale → sekundäre Sinneszellen
Innervation durch bipolare Neuronen des Ganglion spirale
Deren Dendriten kontaktieren die Haarzellen und leiten Signale ins ZNS
Wie geschieht die Transduktion im auditorischen System (Sensitivität, Mechanik im Innenohr, Depolarisation…)?
Schalltransduktionsprozess
Grundprinzip
Haarzellen im Innenohr sind extrem empfindlich – bereits Bewegungen in der Größenordnung eines Wasserstoffatoms (10⁻¹⁰ m) können sie aktivieren.
Sie arbeiten damit an der Grenze des physikalisch Möglichen.
Mechanik der Transduktion
Die Bewegung der Basilarmembran löst Mikrobewegungen im System von Haarzellen, Tektorialmembran und Endolymphe aus:
Aufwärtsbewegung der Basilarmembran → Stereozilien biegen sich in eine Richtung → Transduktionskanäle öffnen
Abwärtsbewegung → Kanäle schließen
Ionentransport & Depolarisation
Kaliumeinstrom aus der Endolymphe (ca. +80 mV) in die Haarzelle (–70 mV) bei geöffneter Kanäle → Depolarisation
Bei Kanalschluss → kein Kaliumeinstrom → keine Depolarisation
Repolarisation
Erfolgt durch Kaliumausstrom an der basalen Zellwand über:
Spannungsabhängige Kaliumkanäle
Kalziumgesteuerte Kaliumkanäle
Kalium wird in den kaliumarmen Extrazellulärraum ausgeschleust → Zellmembran repolarisiert
Aktive Verstärkung durch äußere Haarzellen
Kontraktionsapparat der äußeren Haarzellen (ähnlich Muskelzellen):
Depolarisation → Zelle verlängert sich
Repolarisation → Zelle verkürzt sich
Dadurch entsteht eine aktive Mitbewegung synchron zur Schallwelle, was die:
Schwingung der Basilarmembran verstärkt
Endolymphbewegung intensiviert
Wanderwelle verstärkt
→ So können auch die Stereozilien der inneren Haarzellen stärker gebogen werden.
Transduktion in den inneren Haarzellen
Kein Längenwechsel, aber:
Kaliumeinstrom bei Stereozilienbiegen → führt zu Kalziumeinstrom an der Zellbasis
Kalzium löst Ausschüttung von Glutamat aus
Glutamat depolarisiert die afferente Hörnervenfaser (N. cochlearis) → Nervenimpuls wird weitergeleitet
Was ist die aktive Verstärkung im auditorischen System?
Aktive Verstärkung durch äußere Haarzellen
Kontraktionsapparat der äußeren Haarzellen (ähnlich Muskelzellen):
Depolarisation → Zelle verlängert sich
Repolarisation → Zelle verkürzt sich
Dadurch entsteht eine aktive Mitbewegung synchron zur Schallwelle, was die:
Schwingung der Basilarmembran verstärkt
Endolymphbewegung intensiviert
Wanderwelle verstärkt
→ So können auch die Stereozilien der inneren Haarzellen stärker gebogen werden.
Transduktion in den inneren Haarzellen
Kein Längenwechsel, aber:
Kaliumeinstrom bei Stereozilienbiegen → führt zu Kalziumeinstrom an der Zellbasis
Kalzium löst Ausschüttung von Glutamat aus
Glutamat depolarisiert die afferente Hörnervenfaser (N. cochlearis) → Nervenimpuls wird weitergeleitet
Schutzmechanismus
Reflektorische Kontraktion der äußeren Haarzellen bei sehr lauten Reizen:
Begrenzung der Basilarmembran-Auslenkung
Reduktion der Endolymphschwingung
Abschwächung der Reizung der inneren Haarzellen
Schutz vor akustischer Überlastung des Corti-Organs
Wie gut ist die Frequenzdifferenzierung im auditorischen System?
Fähigkeit zur Frequenzdifferenzierung
Das menschliche Ohr besitzt eine extrem feine Tonhöhenunterscheidung.
Beispiel: Bei 1000 Hz beträgt die Unterscheidungsschwelle nur 3 Hz (= 0,3 %).
Diese Präzision ist entscheidend für die Sprachverarbeitung.
Wer ist Georg von Békésky?
Wissenschaftliche Leistung: Georg von Békésy
Physiker und Physiologe, u.a. tätig in Budapest, Stockholm, Harvard
Entwickelte präzise Messinstrumente und Cochleamodelle
Entdeckte den Ortsmechanismus der Frequenzcodierung
Seine Forschung lieferte Grundlagen für das Verständnis von:
Hörvorgängen
Formen von Taubheit
Nobelpreis für Medizin 1961
Was sind die Grenzen der zeitlichen Codierung?
Grenzen der zeitlichen Codierung (existiert nicht)
Eine Eins-zu-eins-Codierung (ein Aktionspotenzial pro Schallschwingung) ist nur bis ca. 1000 Hzmöglich.
Grund: Refraktärzeit von Neuronen beträgt etwa 1 ms.
Frequenzen darüber hinaus müssen anders codiert werden.
Periodizitätsanalyse (für tiefe Frequenzen ≤ 5.000 Hz)
Tiefere Frequenzen können zusätzlich über ein zweites Codierungssystem verarbeitet werden:
Die Periodizitätsanalyse basiert auf der zeitlichen Struktur der Aktivitätsmuster mehrerer Sinneszellen
Diese wird im ZNS (z. B. in der Cochleariskerne) verrechnet
Was ist die Ortscodierung?
Ortscodierung (Place Coding)
Prinzip
Tonhöhe wird nicht zeitlich, sondern räumlich codiert – über die Position des maximalen Ausschlags auf der Basilarmembran.
Dieses Prinzip wurde maßgeblich durch Georg von Békésy (Nobelpreis 1961) entdeckt.
Mechanismus
Schall trifft auf das Trommelfell → Bewegung der Steigbügelfußplatte → Druckwelle in der Scala media
Da Flüssigkeit inkompressibel ist, weicht die Welle über das runde Fenster aus.
Dadurch biegt sich die Basilarmembran → eine Wanderwelle pflanzt sich von Basis → Apex der Cochlea fort.
Struktur der Basilarmembran
Basis (nahe Trommelfell): schmal und steif (~0.15 mm)
Apex (Spitze der Cochlea): breit und flexibel (~0.5 mm)
Steifigkeit sinkt um den Faktor 10.000 von Basis zu Apex
Resonanz & Frequenzortsabbildung
Für jede Frequenz gibt es eine spezifische Resonanzstelle mit maximaler Membranauslenkung.
Hinter dieser Stelle endet die Wellenbewegung (Energieverbrauch).
Es entsteht eine Frequenz-Orts-Zuordnung:
Hohe Frequenzen (bis 20.000 Hz) → an der Basis
Niedrige Frequenzen (bis 200 Hz) → am Apex
Was wird schon subkortikal im auditorischen System verarbeitet?
Subkortikale Verarbeitung (unterhalb des Kortex)
Bereits vor dem Kortex findet eine detaillierte Analyse der Schallsignale statt:
Tonhöhe (Frequenz)
Intensität (Lautstärke)
Dauer des Tons
Schallquellenlokalisation (räumliche Position)
Nur die Sprachverarbeitung erfolgt kortikal.
Codierung der Schalleigenschaften
Dauer des Schalls → durch Länge der Aktivierung einzelner Fasern
Intensität:
Über Entladungsrate (firing rate) einzelner Neurone
Bei hoher Lautstärke: zusätzliche Codierung über Anzahl gleichzeitig aktiver Fasern
Hohe Intensitäten → größere Membranauslenkung → mehr aktivierte Haarzellen
Beschreibe die Hörbahn.
Hörbahn (Auditive Bahn)
Startpunkt: Nuclei cochleares (Hirnstamm, Medulla oblongata)
Der Nervus cochlearis bringt Signale von den Haarzellen zur ventralen/dorsalen Cochleariskernen.
Dort beginnt die Hörbahn (Weiterleitung der Schallinformation durch das ZNS).
Tonotopie
Die Tonhöhenordnung (Tonotopie) der Cochlea bleibt entlang der gesamten Hörbahn bis zum Kortex erhalten.
Bedeutet: benachbarte Neurone verarbeiten benachbarte Frequenzen.
Stationen der Hörbahn
Nucleus cochlearis (erste Umschaltung)
Kreuzung der meisten Fasern zur Gegenseite
Oliva superior (zweite Umschaltung):
Erste binaurale Integration (Infos beider Ohren kombiniert)
Wichtig für Schalllokalisation
Lemniscus lateralis:
Verbindet Oliva superior mit Colliculi inferiores
Weitere Umschaltungen in den Nuclei lemnisci lateralis
Einige Fasern kreuzen erneut zur ursprünglichen Seite zurück
Colliculi inferiores (Mittelhirn):
Integration und Weiterleitung
Einige Fasern kreuzen hier erneut
Corpus geniculatum mediale (Thalamus):
Letzte Umschaltung vor dem Kortex
Primäre Hörrinde (Temporallappen):
Über Hörstrahlung (Radiatio acustica) gelangen die Signale dorthin
Kollaterale Verschaltungen
Einige Fasern senden Kollateralen in andere Hirnbereiche:
Formatio reticularis (ARAS):
Alarmreaktionen, Weckreaktion bei lauten Geräuschen
Aktivierung des gesamten Kortex (aufsteigend)
Motorische Reflexe (absteigend via Rückenmark)
Kleinhirn: Koordination von Reaktionen auf akustische Reize
Funktionelle Redundanz
Durch mehrfache Kreuzungen gelangt Information aus beiden Ohren zu beiden Hemisphären.
Vorteil: Bei einseitigen Schädigungen (zwischen Nuclei cochleares und Thalamus) erreicht redundante Information trotzdem die primäre Hörrinde.
Wo genau werden welche auditorische Eigenschaften verarbeitet?
Vorverarbeitung in subkortikalen Arealen
Bereits im Nucleus cochlearis dorsalis werden akustische Informationen vorgefiltert:
Reizbeginn und -ende
Frequenzveränderungen
In den Colliculi inferiores:
Weitere zeitliche Merkmale eines Schallsignals werden verarbeitet.
Wichtig für die Periodizitätsanalyse (Verarbeitung tiefer Frequenzen).
Empfangen zusätzlich somatosensorische Information → polymodale Integration (Integration verschiedener Sinne bereits auf subkortikaler Ebene).
Periodizitätsanalyse
Neben der Ortscodierung (Tonhöhe durch Ort auf der Basilarmembran) existiert eine zweite Codierungsstrategie:
Periodizitätsanalyse, für Frequenzen bis ca. 5.000 Hz.
Dies geschieht in den Hirnstammkernen (Nucleus cochlearis + obere Oliven).
Was ist Phasenkopplung? Die Prinzipen? Implante?
Prinzipien
Phasenkopplung:
Neuronen feuern synchron zur gleichen Phase jeder Schwingungsperiode (z. B. dem Wellenmaximum).
Eine einzelne Faser kann nicht jede Periode feuern (Refraktärzeit), daher:
Mehrere Neuronen teilen sich den Rhythmus auf.
Gemeinsam ergeben sie ein Entladungsmuster, das die Periodendauer (und somit die Frequenz) widerspiegelt.
Das Gehirn nutzt diese zeitlichen Abstände zwischen den Impulsen über alle beteiligten Fasern, um die Grundfrequenz zu extrahieren.
Ort dieser Verarbeitung: vermutlich bereits im Nucleus cochlearis.
Bedeutung
Nachweisbar durch Patienten mit Zerstörung des Apex der Cochlea:
Obwohl dort die tiefen Frequenzen nach Ortsprinzip verarbeitet würden, können sie weiterhin gehört werden.
Begründung: Periodizitätsanalyse aus verbleibender Cochlea-Region.
Cochleaimplantate
Eingesetzt bei nahezu vollständiger Innenohrtaubheit, vorausgesetzt:
Hörnerv und Hörbahn sind intakt
Funktionsweise:
Mikrofon nimmt Schall auf
Mikroprozessor zerlegt und analysiert Schallfrequenzen
Elektrische Impulse werden über Induktionsspule an Hörnervenfasern weitergegeben
Das erzeugte Muster simuliert die Aktionspotenziale eines gesunden Innenohrs
Tonhöhenverarbeitung bei Implantaten
Rein über Periodizitätsanalyse (da Ortskodierung über Basilarmembran fehlt)
Patienten können nach intensivem Training oft wieder gesprochene Sprache verstehen
Wie und wo wird die räumliche Ortung einer Schallquelle verarbeitet? Wie präzise sind diese?
Grundprinzip
Der Mensch kann eine Schallquelle im Raum präzise lokalisieren, basierend auf:
Laufzeitunterschieden
Intensitätsunterschieden (Geräuschschatten)
Beide Mechanismen beruhen auf der unterschiedlichen Position der Ohren relativ zur Schallquelle.
Nur bei mittiger Position (genau vor/hinter dem Kopf) herrscht Symmetrie.
1. Laufzeitunterschiede (interaurale Zeitdifferenz – ITD)
Signale erreichen das dem Schall näheren Ohr früher.
Diese minimalen Zeitdifferenzen werden bereits im Nucleus olivaris superior (obere Olive) analysiert.
Extrem hohe Empfindlichkeit: Unterscheidung von Laufzeitunterschieden bis zu 30 Mikrosekunden (30 μs).
Dieser Mechanismus ist besonders wichtig für tieffrequente Geräusche.
2. Intensitätsunterschiede (interaurale Pegeldifferenz – ILD)
Der Kopf erzeugt einen “Geräuschschatten” für das weiter entfernte Ohr.
Es entsteht ein Lautstärkeunterschied zwischen linkem und rechtem Ohr.
Schon 1 dB Unterschied kann für die Lokalisation genutzt werden.
Besonders wirksam bei hochfrequenten Tönen (wegen stärkerer Abschattung durch den Kopf).
Leistung des binauralen Systems
Schon bei 3° Abweichung von der Mittellinie kann eine Schallquelle zuverlässig lokalisiert werden.
ITD und ILD ergänzen sich und ermöglichen präzise horizontale Ortung (links–rechts).
Vertikale Lokalisation & Rolle der Ohrmuschel
ITD und ILD sind ungeeignet für die vertikale Ebene (oben/unten, vorne/hinten).
Hier ist die Ohrmuschel entscheidend:
Ihre individuelle Form verändert die Frequenzzusammensetzung des eintreffenden Schalls je nach Richtung.
Schall von vorne wird anders gefiltert als Schall von hinten oder oben/unten.
Diese richtungsabhängige Modifikation (sogenannte monokulare Spektralcues) wirkt bereits auf dem Weg zum Trommelfell.
Spezialisierte Neuronen in der Hörbahn analysieren diese Unterschiede und helfen bei der dreidimensionalen Lokalisation.
Was sind die Quellen unserer Körperlage?
Multisensorische Informationsquelle:
Informationen über Körperlage im Raum und Bewegungszustand stammen nicht aus einem einzigen System.
Hauptquelle: Vestibularorgan (Gleichgewichtsorgan).
Weitere beteiligte Systeme:
Visuelles System (Lage im Raum)
Propriozeptive Signale aus Muskulatur und Gelenken
Taktile Reize durch Druckrezeptoren in der Haut
Integration im Gehirn:
Die Signale werden auf mehreren Ebenen des Gehirns zusammengeführt, um:
ein ganzheitliches Bild der Körperlage
sowie der Bewegungsabläufe zu erzeugen.
Diese Verarbeitung ist entscheidend für:
aufrechte Körperhaltung
koordinierten Gang
Beide sind komplexe Leistungen, die eine präzise Koordination von Sinnesinformationenerfordern.
Dabei werden u.a. berücksichtigt:
äußere Kräfte (z. B. Schwerkraft, Beschleunigung)
momentane Stellung der Gliedmaßen
Beschreibe den Aufbau und die Funktion des Vestibularorgans.
Vestibularorgan – Aufbau und Funktion:
Lokalisation: Im Innenohr, gemeinsam mit der Cochlea → gemeinsam als Labyrinth bezeichnet.
Unterteilung:
Zwei Makulaorgane:
Registrieren Linearbeschleunigungen
Besonders empfindlich für Reize durch Gravitationskraft
Drei Bogengänge:
Registrieren Drehbewegungen des Kopfes
Reagieren auf Rotationsbeschleunigungen
Beschreibe die Makulaorgane (Anatomie, Struktur, Funktion, Aktivität).
Makulaorgane: Sacculus und Utriculus
Lokalisation: Am Zusammenfluss der Bogengänge im Vestibularsystem.
Aufgabe: Registrierung von geradlinigen (linearen) Beschleunigungen, insbesondere durch Gravitation.
Anatomie & Zellstruktur
Makulae: Spezialisierte Areale mit ca. 30.000 Haarzellen.
Jede Haarzelle trägt 60–100 Stereozilien (nach Länge gestaffelt) + 1 Kinozilium (langste Zilie).
Stereozilien sind über Tip Links verbunden → Ort der Reiztransduktion.
Haarzellen sind eingebettet in eine gallertige Otolithenmembran, auf der Otolithen (Kalkkristalle) sitzen:
Diese erhöhen die Masse → größere Trägheit.
Funktionsprinzip bei Linearbeschleunigung
Bewegung des Kopfes → Träge Otolithenmembran „verschiebt“ sich gegenüber der darunterliegenden Haarzellschicht.
→ Stereozilien werden ausgelenkt (mechanische Deformation).
→ Tip Links werden gedehnt oder entlastet:
Öffnung oder Schließung von Kaliumkanälen
Modulation der Glutamatfreisetzung
→ Aktionspotenziale im N. vestibularis entstehen
Grundaktivität
Auch ohne Reiz: 60–90 Spontanentladungen/Sekunde
Durch Daueraktivität ist relative Veränderung entscheidend
Orientierung über Lage des Kopfes durch Vergleich der Aktivitätsmuster von:
Sacculus (vertikale Ausrichtung)
Utriculus (horizontale Ausrichtung)
Beidseitige Inputs → Lageberechnung durch das Gehirn
Was ist die Mernière-Krankheit (Symptome, Ursache, Therapie)
Menière-Krankheit
Symptome
Spontane Schwindelanfälle (Minuten bis Stunden, selten >24h)
Einseitige Hörminderung während des Anfalls
Tinnitus (einseitiges Ohrgeräusch)
Übelkeit und Erbrechen
Symptomstärke reicht von leichtem Unwohlsein bis zu schwerem Drehschwindel
Pathophysiologie
Ursache unklar (idiopathisch)
Häufig: Dysregulation der Endolymphe im Vestibularorgan:
Druckveränderungen oder Ödeme
Gestörte Erneuerung der Endolymphe
→ Funktionseinschränkung der Haarzellen
Therapie
Keine standardisierte Heilung
Teilweise wirksam:
Diuretika, salzarme Diät
Schwere Fälle:
Bypass-Operation → Ableitung der Endolymphe in Liquorraum
Zerstörung der Haarzellen:
Chemisch (z. B. Gentamicin)
Chirurgisch: Entfernung des gesamten Vestibularorgans (Labyrinthektomie) als letzte Option
Beschreibe die Bogengänge (Anatomie, Mechanismus, Signalverarbeitung).
Registrierung von Drehbewegungen durch die Bogengänge
Anatomie und Ausrichtung
Drei Bogengänge, jeweils senkrecht zueinander → Abdeckung aller drei Raumrichtungen.
Jeder Bogengang ist empfindlich für eine spezifische Rotationsrichtung des Kopfes.
Physiologischer Mechanismus
Kopfbewegung → Bogengänge bewegen sich mit dem Schädel, da fest eingebettet.
Die darin enthaltene Endolymphe reagiert verzögert aufgrund ihrer Massenträgheit:
→ erzeugt Druck auf die Cupula (gallertige Struktur).
Die Cupula befindet sich im erweiterten Abschnitt jedes Bogengangs.
Auslenkung der Cupula je nach Rotationsrichtung → verbiegt die Stereozilien der Haarzellen.
Dies führt zu:
Ionenströmen (Kalium)
Modulation der Glutamatfreisetzung
→ Aktionspotenziale im N. vestibularis
Signalverarbeitung
Nicht jede Bewegung entspricht exakt der Achse eines Bogengangs → meist werden mehrere Bogengänge gleichzeitig aktiviert.
Das Gehirn verrechnet die eingehenden Signale, um die präzise Rotationsrichtung zu rekonstruieren.
Was ist eine Bewegungskrankheit (Synonym, Ursache, Symptome, Physiologie, Therapie..)?
Bewegungskrankheit (Kinetose)
Ursache
Entsteht bei inkongruenten Informationen:
Vestibularorgan meldet Bewegung (v. a. durch Bogengänge und Makulaorgane)
Visuelles System meldet visuelle Stabilität (z. B. in einer Kabine auf einem Schiff)
→ Konflikt zwischen sensorischen Inputs
Das Gehirn ist verwirrt, da externe und interne Reize widersprüchlich sind.
Symptome
Schwindel, kalter Schweiß, Übelkeit, Blässe, vermehrter Speichelfluss, Erbrechen
Beispiel: Seekrankheit
Vestibularsystem registriert Bewegung → Augen sehen jedoch keine.
Physiologische Reaktion
Übermäßige Aktivierung des sympathischen Nervensystems:
Ausschüttung von Adrenalin, Noradrenalin, Vasopressin
Magenmuskulatur kontrahiert statt wie normal 3×/Minute nun bis zu 9×/Minute
→ verstärkte Übelkeit und Erbrechen
Therapie & Prävention
Spontan remittierend, sobald Bewegung endet
Verhaltenstipps:
Ruhige Sitzhaltung, Augen schließen oder auf entfernte Punkte fokussieren
Keine exzessive Nahrungsaufnahme, kein Lesen
Stress vermeiden
Medikamentöse Optionen:
Scopolamin
Flunarizin
Antihistaminika
Beschreibe die generelle Weiterleitung vestibulärer Informationen.
Zentrale Weiterverarbeitung der vestibulären Information
Primäre Verschaltung
Haarzellen des Vestibularorgans → synaptische Verbindung mit afferenten Fasern des Vestibularnervs(N. vestibularis)
Zellkörper dieser Fasern liegen im Ganglion vestibulare nahe dem Innenohr.
Zentrale Projektion
Die Fasern verlaufen zentralwärts zu den Vestibulariskernen in der Medulla oblongata.
Ein Teil der Fasern umgeht die Vestibulariskerne und zieht direkt zum Kleinhirn.
Multisensorische Integration
Die Vestibulariskerne erhalten zusätzlich:
Afferenzen vom visuellen System
Afferenzen von Propriozeptoren (Muskeln, Gelenke)
→ Diese Informationen werden zusammengeführt, um Bewegung und Lageveränderungen im Raum präzise zu interpretieren.
Weiterleitung der vestibulären Information – Hauptausgänge:
Zum Kleinhirn (Cerebellum):
Zuständig für Feinabstimmung von Bewegung & Gleichgewicht
Reziproke Rückprojektionen zu den Vestibulariskernen
Zum Hypothalamus:
Beteiligung an vegetativen Reaktionen (z. B. Übelkeit bei Schwindel)
Zum Thalamus → Kortex:
Übertragung an:
Primärer somatosensorischer Kortex
Sekundärer somatosensorischer Kortex
Insulärer Kortex (Inselrinde)
→ Dort entsteht die bewusste Wahrnehmung der Körperlage
Zu den Augenmuskelkernen im Mittelhirn:
Wichtig für reflektorische Augenbewegungen (Vestibulo-okulärer Reflex, VOR)
Funktion: Kompensation von Kopfbewegungen, um stabile Sicht zu ermöglichen
Hier erfolgt auch Integration mit Informationen aus:
Auge
Nackenmuskulatur
Fehlanpassungen an dieser Stelle → Ursache für Bewegungskrankheit
Zu Motoneuronen im Rückenmark:
Zuständig für:
Reflexe zur Haltungsregulation
Feinsteuerung des Gangs
Integration ermöglicht stabile Körperhaltung trotz Bewegung
Bewusste Körperwahrnehmung
Entsteht im:
Sekundären somatosensorischen Kortex
Insulären Kortex
Dort erfolgt:
Integration vestibulärer Infos mit:
Hautreizen (Druckrezeptoren)
Gelenkstellungen (Propriozeption)
Ziel: Ganzheitliches Körperschema im Raum → Grundlage für Handlung, Orientierung, Gleichgewicht.