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Was ist die generelle Rolle der chemischen Sinne? Wie wird diese erfüllt?
Schutzfunktion der chemischen Sinne:
Geruchs- und Geschmackssinn prüfen bereits an der Peripherie des Körpers, ob Stoffe potenziell schädlich oder ungenießbar sind.
Der allgemeine chemische Sinn erfüllt diese Warnfunktion besonders stark, da er vor allem auf hohe Konzentrationen oder gewebsschädigende Substanzen reagiert.
Affektive Reaktionen & Verhalten:
Geruchs- und Geschmacksempfindungen sind eng mit affektiven Bewertungen (z. B. Ekel) gekoppelt und lösen direkt Abwehr- oder Rückzugsverhalten aus.
Bestimmte Geschmacksqualitäten dienen der Erkennung von Nahrungscharakteristika:
Bitter: Warnung vor Giften
Süss: Hinweis auf Kalorien
Salzig: Regt Flüssigkeitsaufnahme an
Wie unterscheidet sich der Geruchssinn bei Tieren und Menschen?
Geruchssinn bei Tieren vs. Menschen:
Tiere besitzen meist einen überlegenen Geruchssinn. Sie nutzen ihn zur Sozialerkennung, Gefahreneinschätzung, Beutesuche und zur Auslösung instinktiver Verhaltensweisen (z. B. Paarung, Brutpflege).
Auch beim Menschen kann der Geruchssinn Verhalten beeinflussen, meist unbewusst:
Essenslust durch Essensgerüche
Sympathie/Antipathie über Körpergerüche
Kaufverhalten beeinflusst durch Produktgerüche
Menschen erkennen unbewusst den Körpergeruch nahestehender Personen, z. B. Ehepartner
Neugeborene reagieren positiv auf den Körpergeruch der Mutter
Was sind olfaktorische Reizeigenschaften?
Olfaktorische Reizeigenschaften:
Es handelt sich um in Luft enthaltene, flüchtige Moleküle mit niedrigem Molekulargewicht
Moleküle müssen sich in der Nasenschleimhaut lösen
Struktur allein sagt nicht aus, ob ein Molekül riechbar ist
Die meisten Gerüche sind Mischgerüche (z. B. 500 Komponenten bei Kaffee)
Es gibt keine Basisgerüche wie bei Farben
Wie hoch ist die Leistung des menschlichen Riechsystems?
Leistungen des menschlichen Riechsystems:
Enorme Differenzierungsleistung: Potenziell Unterscheidung von 1 Billion Gerüchen
Benennung ist begrenzt: Nur speziell trainierte Personen (z. B. Parfümeure) können viele Gerüche benennen (z. B. 5.000)
Extrem hohe Sensitivität: Wahrnehmung von Vanille ab 2 Millionstel mg pro ml Luft
In Extremfällen reagieren Riechzellen auf ein einziges Molekül, aber diese Einzelreaktion ist nicht bewusst wahrnehmbar
Training verbessert sowohl das Unterscheidungsvermögen als auch die Empfindlichkeit
Was geschieht bei längerer Reizung eines Geruchs?
Adaptation:
Bei längerer Reizung durch einen Duft sinkt die wahrgenommene Intensität auf 25–40 % des Anfangswertes
Adaptation erfolgt:
Leicht auf sensorischer Ebene (Riechzellen)
Stärker im Bulbus olfactorius durch aktive Hemmprozesse
Wie sieht die Grundstruktur/Lage des olfaktorische Systems aus?
Grundstruktur und Lage:
Olfaktorische Sensoren sind primäre Sinneszellen (Nervenzellen), eingebettet in das Riechepithel der oberen, hinteren Nasenhöhle (ca. 5 cm² groß, ca. 30 Mio. Zellen beim Menschen).
Das Riechepithel wird vom Sekret der Bowman-Drüsen bedeckt.
Beim normalen Atmen gelangen nur wenige Duftmoleküle ans Epithel; erst durch Schnüffelnwird der Luftstrom nach oben gelenkt und viele Moleküle erreichen die Rezeptoren.
Was ist eine Besonderheit der olfaktorischen Sinneszellen?
Besonderheiten der olfaktorischen Sinneszellen:
Es handelt sich um bipolare Nervenzellen, die ständig neu gebildet werden (Lebensdauer: ~1 Monat).
Stammzellen im Riechepithel sorgen für kontinuierliche Neubildung und Reifung der Sensoren.
Während der Reifung wachsen deren Axone bis zum Bulbus olfactorius, wo sie synaptischen Kontakt mit nachgeschalteten Neuronen aufnehmen.
Beschreibe die Feinstruktur der olfaktorischen Zellen.
Feinstruktur der Zellen:
Vom Zellkörper geht ein Dendrit aus, der sich an der Epitheloberfläche zu einem Endkolben verdickt.
Von diesem Kolben gehen 5–20 Zilien (Riechhärchen) aus, die über das Epithel ragen und dort die Rezeptorproteine tragen.
Am anderen Pol geht ein unmyelinisiertes Axon (C-Faser) ab, das sich mit anderen zu Bündeln zusammenschließt und in den Bulbus olfactorius projiziert.
Wie geschieht die Reiztransduktion im olfaktorischem System?
Reiztransduktion:
Die Transduktion erfolgt über ein G-Protein-gekoppeltes System:
Aktivierung → cAMP-Produktion steigt → Na⁺-/Ca²⁺-Kanäle öffnen sich
Einstrom positiver Ionen + Ausstrom von Cl⁻ → Depolarisation der Zellmembran
Es entsteht ein Aktionspotenzial, das zum Bulbus olfactorius weitergeleitet wird.
Beschreibe die genetische Codierung der Geruchsrezeptoren.
Genetische Codierung der Geruchsrezeptoren:
Der Mensch besitzt über 350 Gene, die für Geruchsrezeptoren codieren – mehr als 1 % des gesamten Genoms (bei ca. 25.000 Genen).
Diese hohe genetische Investition belegt die evolutionäre und biologische Bedeutung des Geruchssinns für den Menschen – entweder aktuell oder zumindest in der Vergangenheit.
Wie ist der Bulbus olfaktorius aufgebaut? Was ist deren Funktion?
Aufbau und Funktion des Bulbus olfactorius
Der Bulbus olfactorius ist das erste zentrale Ziel der Axone der Riechzellen.
Er ist eine Ausstülpung der Hirnrinde, besteht hauptsächlich aus grauer Substanz und ist schichtig aufgebaut wie der übrige Kortex.
Axone der Riechzellen enden in Glomeruli – komplexe synaptische Netzwerke.
In jedem Glomerulus konvergieren >1000 Axone auf eine Mitralzelle.
Zusätzlich gibt es:
Körnerzellen: Interneurone, vermutlich beteiligt an lateraler Hemmung → Kontrastverschärfung.
Periglomeruläre Zellen: Hemmen benachbarte Glomeruli → afferente Signalbegrenzung.
Wie gelingt die Duftcodierung?
Duftcodierung
Jeder Glomerulus ist rezeptorspezifisch – empfängt also nur Signale von Riechzellen mit demselben Rezeptortyp.
Jeder Duft aktiviert eine spezifische Kombination von Glomeruli → charakteristisches Aktivierungsmuster.
Durch Lernen reicht später schon ein Teil des Musters, um einen Duft zu erkennen (vergleichbar mit visuellem Wiedererkennen bei unklarer Sicht).
Trotz ständiger Neubildung von Riechzellen müssen deren Axone präzise zu den richtigen Glomeruli finden – wie dies gelingt, ist noch unklar.
Wie verläuft die Riechbahn?
Verlauf der Riechbahn
Axone der Mitralzellen formen den Tractus olfactorius, der Informationen zum ipsilateralen Riechhirn (Rhinenzephalon) leitet.
Kollateralen verlassen den Tractus vorzeitig zum Nucleus olfactorius anterior, der hemmende Verbindungen zum kontralateralen Bulbus herstellt → erste bilaterale Integration.
Was sind Bestandteile des Riechhirns?
Bestandteile des Riechhirns
Befinden sich im vorderen Temporallappen, bestehen aus:
Tuberculum olfactorium: Entsteht aus dem alten dreischichtigen Kortex, beteiligt an detaillierter Geruchsanalyse (beidseitig integriert).
Präpiriformer Kortex: Primäre Riechrinde; bei Tieren groß, beim Menschen relativ klein.
Corticale Amygdalakerne: Verarbeiten affektive Reaktionen.
Wohin werden die olfaktorischen Signale nach dem Riechhirn weitergeleitet?
Weiterleitung und Integration
Alle drei Strukturen projizieren zum:
Thalamus → orbitofrontaler Kortex (bewusste Geruchserkennung)
Direkte Fasern ziehen zusätzlich vom primären olfaktorischen Kortex direkt zum orbitofrontalen Kortex
Ebenfalls direkte Anbindung an:
Amygdala (Emotionen)
Hippocampus (Gedächtnis)
Hypothalamus (vegetative Funktionen)
Was sind die psychologischen Bedeutungen von den verschiedenen Gehirnarealen, die in der Dufterkennung beteiligt sind?
Psychologische Bedeutung
Orbitofrontaler Kortex: Sitz der bewussten Geruchsdiskrimination; Läsionen führen zu Verlust olfaktorischer Wahrnehmung.
Limbisches System (Amygdala & Hippocampus) erklärt:
Starke emotionale Reaktionen auf Gerüche
Vegetative Begleitreaktionen (z. B. Übelkeit, Ekel)
Schnelle, direkte Gedächtnisverknüpfung:
Nur zwei Synapsen zwischen Riechepithel und Amygdala → Gerüche können lange vergessene Erinnerungen reaktivieren.
Zusammenfassung Olfaktion Verlauf
Kurzfassung des olfaktorischen Verlaufs:
1. Riechepithel:
Duftmoleküle binden an Rezeptoren auf Zilien der Riechzellen (ca. 30 Mio.).
→ Reiztransduktion via G-Protein-Kaskade, AP entsteht.
2. Axone der Riechzellen:
Ziehen gebündelt als Nervus olfactorius durch die Siebplatte zum…
3. Bulbus olfactorius:
Axone enden in glomeruli, synapsen mit Mitralzellen.
→ Duft → spezifisches Glomeruli-Aktivierungsmuster.
→ Laterale Hemmung durch Interneurone (Kontrastschärfung).
4. Tractus olfactorius:
Axone der Mitralzellen bilden den Trakt.
→ Vor dem Riechhirn: Abzweigung zum Nucleus olfactorius anterior → hemmende Kommissur zum kontralateralen Bulbus.
5. Riechhirn (primäre Verarbeitung):
Tractus endet im Rhinenzephalon:
Tuberculum olfactorium
Präpiriformer Kortex (primäre Riechrinde)
Amygdala (corticaler Teil)
6. Höhere Verarbeitung (Integration):
Von dort aus Weiterleitung:
Thalamus → Orbitofrontaler Kortex (bewusste Wahrnehmung)
Direkt zum Orbitofrontalen Kortex
Direkt zur Amygdala, zum Hippocampus, Hypothalamus (affektiv, mnestisch, vegetativ)
Was sind Pheremone? Was ist deren Bedeutung?
Definition und Funktion von Pheromonen
Pheromone sind chemische Botenstoffe zur innerartlichen Kommunikation.
Sie signalisieren z. B. bei Säugetieren Reviergrenzen oder Paarungsbereitschaft.
Verarbeitung erfolgt:
Entweder über das klassische olfaktorische System
Oder über das vomeronasale (akzessorische) System, das speziell auf Pheromone reagiert.
Wie werden Pheremone verarbeitet?
Neuronale Verarbeitung von Pheromonen
Es gibt vermutlich spezialisierte Areale im Bulbus olfactorius, die Pheromone analysieren.
Weiterleitung der Signale geschieht primär über Bahnen zur Amygdala, von dort zur Hypothalamusregion.
Dieser neuronale Pfad wurde bisher nur bei Nagetieren eindeutig nachgewiesen.
Was ist das vomeronasale Organ (VNO)?
Das vomeronasale Organ (VNO)
Das VNO ist ein zweites chemosensorisches Organ, bei vielen Säugetieren und Reptilien aktiv.
Es liegt meist in der Nähe der Riechschleimhaut und enthält spezialisierte Epithelzellen zur Pheromonaufnahme.
Beim Menschen:
Vermutlich rudimentär vorhanden (Ductus vomeronasalis unter der Nasenscheidewand)
Einige Studien berichten über Nervenverbindungen zum Gehirn, aber:
Mehrheit der Forscher geht davon aus, dass das VNO beim Menschen keine funktionelle Rolle mehr spielt.
Wie werden Pheremone bei Menschen wahrgenommen? (z.B. Stern & MCClintock, 1998 - der McClintock-Effekt)
Wahrnehmung von Pheromonen beim Menschen
Pheromone haben keinen bewussten Geruch – sie wirken unbewusst über sekundäre Effekte.
Nur wenige Studien zeigen überzeugende Belege für eine pheromonale Kommunikation beim Menschen.
Studienbeispiel: McClintock-Effekt (Stern & McClintock, 1998)
Studiendesign:
29 Frauen insgesamt;
9 Spenderinnen (lieferten Schweißproben in Follikel- und Ovulationsphase)
20 Empfängerinnen, aufgeteilt in zwei Gruppen:
Gruppe F erhielt Follikelphase-Schweiß
Gruppe O erhielt Ovulationsphase-Schweiß
Applikation: Tägliches Auftragen über der Oberlippe über 2 Monate; ohne Geruchswahrnehmung.
Ergebnisse:
Gruppe F: Menstruationszyklus wurde beschleunigt
Gruppe O: Zyklus wurde verlangsamt
Veränderung: Ø 1,5 Tage Zyklusverschiebung – deutlich außerhalb der natürlichen Schwankungsbreite
Bedeutung:
Belegt, dass biologisch regulierte Prozesse wie der Zyklus durch Pheromone anderer Menschen beeinflusst werden können – ohne bewusste Wahrnehmung.
Beschriebe die Studie von Stern & McClintock, 1998.
Studienbeispiel: McClintock-Effekt (Stern & McClintock, 1998)
Studiendesign:
29 Frauen insgesamt;
9 Spenderinnen (lieferten Schweißproben in Follikel- und Ovulationsphase)
20 Empfängerinnen, aufgeteilt in zwei Gruppen:
Gruppe F erhielt Follikelphase-Schweiß
Gruppe O erhielt Ovulationsphase-Schweiß
Applikation: Tägliches Auftragen über der Oberlippe über 2 Monate; ohne Geruchswahrnehmung.
Ergebnisse:
Gruppe F: Menstruationszyklus wurde beschleunigt
Gruppe O: Zyklus wurde verlangsamt
Veränderung: Ø 1,5 Tage Zyklusverschiebung – deutlich außerhalb der natürlichen Schwankungsbreite
Bedeutung:
Belegt, dass biologisch regulierte Prozesse wie der Zyklus durch Pheromone anderer Menschen beeinflusst werden können – ohne bewusste Wahrnehmung.
Was sind die Grundlagen des gustatorischen Systems?
Geschmack – das gustatorische System
Grundlage der Geschmacksempfindung:
Geschmack entsteht durch chemische Substanzen, die mit spezialisierten Sensorzellen interagieren. Diese Zellen befinden sich im Mundraum – vor allem auf Zunge und Gaumen.
Nahsinn vs. Fernsinn:
Der Geschmackssinn ist ein Nahsinn. Das bedeutet, die Substanzen müssen in direktem physischen Kontakt mit dem Sinnesorgan kommen und in Lösung übergehen, um Geschmack auszulösen.
Im Gegensatz dazu ist der Geruchssinn ein Fernsinn, da flüchtige Moleküle auch über größere Entfernungen wahrgenommen werden können.
Funktion des Geschmackssinns:
Seine natürliche Funktion liegt in der Bewertung von Nahrung, um zu entscheiden, ob sie genießbar oder schädlich ist.
Reaktionen auf Geschmack:
Wie beim Riechen können auch Geschmacksreize sowohl vegetative Reaktionen (z. B. Speichelfluss, Magenaktivität) als auch emotionale Reaktionen (z. B. Ekel, Lust) auslösen.
Multisensorische Integration:
Geschmack tritt nie isoliert auf, sondern ist fast immer kombiniert mit:
(1) Geruchseindrücken (olfaktorische Informationen)
(2) somatosensorischer Information (z. B. Textur, Druck, Schmerz) aus dem Mundraum
(3) Temperaturinformation (z. B. warm/kalt), ebenfalls aus der Mundhöhle
Was ist die Distinktion zwischen dem Nah- und dem Fernsinn?
Nahsinn vs. Fernsinn:
Der Geschmackssinn ist ein Nahsinn. Das bedeutet, die Substanzen müssen in direktem physischen Kontakt mit dem Sinnesorgan kommen und in Lösung übergehen, um Geschmack auszulösen.
Im Gegensatz dazu ist der Geruchssinn ein Fernsinn, da flüchtige Moleküle auch über größere Entfernungen wahrgenommen werden können.
Was sind die Funktionen (bzw. die Reaktionen) des Geschmackssinns?
Funktion des Geschmackssinns:
Seine natürliche Funktion liegt in der Bewertung von Nahrung, um zu entscheiden, ob sie genießbar oder schädlich ist.
Reaktionen auf Geschmack:
Wie beim Riechen können auch Geschmacksreize sowohl vegetative Reaktionen (z. B. Speichelfluss, Magenaktivität) als auch emotionale Reaktionen (z. B. Ekel, Lust) auslösen.
Tretet der Geschmackssinn isoliert auf?
Multisensorische Integration:
Geschmack tritt nie isoliert auf, sondern ist fast immer kombiniert mit:
(1) Geruchseindrücken (olfaktorische Informationen)
(2) somatosensorischer Information (z. B. Textur, Druck, Schmerz) aus dem Mundraum
(3) Temperaturinformation (z. B. warm/kalt), ebenfalls aus der Mundhöhle
Was sind die Grundqualitäten des Geschmackssinns?
Begrenzte Anzahl an Grundqualitäten:
Das gustatorische System unterscheidet wenige Basisgeschmäcker, im Gegensatz zum komplexeren Riechsystem.
Klassische Grundqualitäten:
Süß
Sauer
Salzig
Bitter
Seit jüngerer Zeit ergänzt durch:
Umami (herzhaft, eiweißreich)
Fettig (umstrittene, neu anerkannte Qualität)
Zusammensetzung des Geschmackserlebens:
Unsere vielfältigen Geschmackseindrücke entstehen durch Kombination dieser Grundqualitäten.
Der Großteil des „Schmeckens“ entsteht aber durch den Geruchssinn (z. B. erkennt man bei Schnupfen deutlich weniger Geschmack).
Auch der allgemeine chemische Sinn (z. B. bei Schärfe) trägt zur Geschmacksempfindung bei – vermittelt durch freie Nervenendigungen, nicht über Geschmacksknospen.
Kasten: Umami und Fett als eigenständige Geschmacksqualitäten
Umami:
Bedeutet „wohlschmeckend“ (japanisch „umai“).
Geschmack von eiweißreicher Nahrung (z. B. Fleisch, Käse, Fisch).
Hauptauslöser: L-Glutamat / Natriumglutamat, enthalten in Tomaten, Sojasoße, Parmesan etc.
Rezeptorstruktur für Umami ist identifiziert und eng verwandt mit Glutamatrezeptoren.
Orbitofrontaler Kortex reagiert spezifisch auf Umami-Reize → neurologisch belegbare Eigenständigkeit.
Fett:
Seit 2005 wird diskutiert, ob „fettig“ eine eigene Geschmacksqualität darstellt.
In Tierstudien: CD36-Glykoprotein in Geschmacksknospen erkennt Fett.
Steuert Fettvorliebe und Verdauungsprozesse, unabhängig davon, ob das Fett den Magen erreicht.
In Humanstudien:
Probanden können Fettsäuren aus geschmacklosen Lösungen erkennen.
Negativer Zusammenhang mit Körpergewicht: Wer Fett besser schmeckt, isst meist weniger davon.
Wann ist ein Stoff schmeckbar?
Löslichkeit im Speichel – Grundvoraussetzung
Nur wasserlösliche Substanzen sind schmeckbar.
Beispiel: Keramik, Glas, Kunststoffe → nicht schmeckbar.
Aber nicht jeder wasserlösliche Stoff (z. B. Sauerstoff) ist automatisch ein Geschmacksträger.
Speichel ist essenziell:
Geschmackstoffe müssen im Speichel gelöst vorliegen.
Bei zu wenig Speichel:
Geschmackseindrücke sind abgeschwächt.
Geschmacksknospen werden nicht richtig umspült, Reize bleiben länger, Abtransport verzögert.
Kann bei Krankheiten auftreten → führt häufig zu Appetitverlust.
Was sind Einflussfaktoren auf die Geschmacksintensität?
Einflussfaktoren auf die Geschmacksintensität
Drei Hauptfaktoren bestimmen die Intensität eines Geschmacksreizes:
Konzentration des Geschmacksstoffs
Temperatur des Stoffs → maximale Intensität bei 30–35 °C
Einwirkdauer des Stoffs auf die Zunge
Weitere Einflussgröße:
Größe der benetzten Oberfläche (z. B. Zungenkontaktfläche) → größere Fläche = stärkere Wahrnehmung
Was für einen Einfluss hat die Konzentration eines Stoffes auf dessen Geschmack?
Abhängigkeit der Geschmacksqualität von Konzentration
Geschmacksqualität ist nicht fix – sie kann sich je nach Konzentration eines Stoffs ändern:
Beispiel Natriumchlorid (NaCl) & Kaliumchlorid (KCl):
Niedrige Konzentration → leicht süßlich
Mittlere Konzentration → deutlich süß
Hohe Konzentration → klassisch salzig
Sehr hohe Konzentration → unangenehm
Nur süß bleibt auch in hoher Konzentration angenehm; alle anderen Qualitäten wirken dann aversiv.
Wie sensibel sind wir gegenüber unterschiedlichen Geschmackstypen?
Sensibilität für unterschiedliche Geschmackstypen
Schwellenwerte variieren stark:
Bitterstoffe → höchste Sensibilität
Süß & salzig → geringste Sensibilität
Biologische Bedeutung:
Bitterstoffe erzeugen Aversion, besonders bei Kindern → Schutz vor Giftaufnahme
Viele Pflanzengifte (v.a. Alkaloide) schmecken bitter
Beispiele: Chinin, Koffein, Nikotin, Strychnin
Was geschieht bei längerer Reizung eines Geschmacksreizes?
Adaptation (Gewöhnung) des Geschmackssinns
Ähnlich wie beim Geruchssinn: Bei längerer Reizung tritt Adaptation ein, aber stoffabhängig:
Vollständige Adaptation: bei süß und bitter
Unvollständige Adaptation: bei salzig und sauer
Erholungszeit:
Variiert je nach Substanz
Manche bittere Stoffe → Reizbarkeit kann für Stunden verschwinden
Geschmacksnachbilder:
Nach starker Reizung kann z. B. Wasser „einen Geschmack“ haben
Andere Stoffe derselben Geschmacksrichtung wirken danach weniger intensiv
Wie sind die Geschmackssensoren organisiert (inkl. wie viele + Abhängigkeit vom Alter)? Was hat man früher angenommen?
Organisation der Geschmackssensoren
Lokalisation:
Geschmackssensoren sind nicht verstreut, sondern in Geschmacksknospen organisiert. Diese sitzen v.a. in Papillen auf dem Zungenrücken → Vergrößerung der Schleimhautoberfläche.
Verteilung:
Ein Erwachsener besitzt 3.000–8.000 Geschmacksknospen, Kinder bis zu 10.000, Hochbetagte oft nur noch ~2.000 → erklärt Rückgang der Geschmacksempfindung im Alter.
Etwa 2/3 der Geschmacksknospen liegen auf der Zunge, v.a. an den Zungenrändern (1,5 cm breiter Streifen).
Weitere befinden sich im weichen Gaumen und im Eingang zur Speiseröhre.
Falschannahme widerlegt:
Früher nahm man an, jede Geschmacksqualität sei auf bestimmte Zonen der Zunge beschränkt – das ist nicht korrekt. Alle Geschmackstypen sind überall vertreten, aber in unterschiedlicher Dichte.
Beschreibe die Struktur und Erneuerung im gustatorischen System.
Struktur und Erneuerung (Geschmacksknopsen)
Größe: Ø ca. 0,03 mm, Länge ca. 0,07 mm
Jede Geschmacksknospe enthält ca. 50 Sinneszellen, die zu den sekundären Sinneszellen zählen.
Zellturnover:
Neue Sinneszellen entstehen durch Mitose aus Basalzellen.
Lebensdauer: ca. 10 Tage
Porus (Öffnung oben) ermöglicht Zugang für Speichel → darin gelöste Moleküle erreichen die Mikrovilli der Sinneszellen.
Beschreibe den sensorischen Primärprozess und die neuronale Kodierung im gustatorischen System.
Sensorischer Primärprozess
Rezeptorbindung:
Geschmacksstoffe binden an Rezeptoren an der Membran.
Diese reagieren v.a. auf die dreidimensionale Struktur eines Moleküls (nicht primär auf chemische Zusammensetzung).
Beispiel: D- und L-Aminosäuren können völlig unterschiedlich schmecken (süß vs. bitter).
Signalübertragung:
Reizung → Depolarisation der Zelle → Transmitterfreisetzung → Aktionspotenzial im afferenten Axon
Selektivität:
Jede Sinneszelle besitzt Rezeptoren für alle vier klassischen Geschmäcker, aber in unterschiedlicher Verteilung → führt zu differenzierter Reaktion auf verschiedene Reize.
Erregungsmuster und neuronale Kodierung
Ein Neuron innerviert mehrere Geschmacksknospen und Sinneszellen.
Es reagiert auf bestimmte Muster von Aktivität – z. B. stark auf süß, weniger auf bitter → erste Kategorisierung der Reize erfolgt schon auf dieser Ebene.
Transduktionsmechanismen (chemisch-elektrische Umwandlung)
Sauer:
H⁺-Ionen blockieren Kaliumkanäle → verhindern Kaliumausstrom → Depolarisation
Salzig:
Na⁺-Ionen aus salzigen Lösungen dringen direkt ein → erhöhen Membranpotenzial → Depolarisation
Bitter:
Bindung an Rezeptorprotein aktiviert G-Protein-vermittelten Second-Messenger-Weg → Ca²⁺-Freisetzung aus Zellinnerem → Depolarisation
Süß:
Zwei Mechanismen:
Aktivierung eines Ionenkanals (öffnet Na⁺-Kanäle)
Aktivierung eines G-Protein-Signalwegs, der Kaliumkanäle blockiert
Umami & Fett:
Ebenfalls mehrstufige Signaltransduktion, aber molekular noch nicht vollständig entschlüsselt
Beschreibe die Geschmacksbahn
Die Geschmacksbahn:
1. Ausgangspunkt – sekundäre Sinneszellen
Geschmackssinneszellen sind sekundäre Sinneszellen → kein eigenes Axon.
Bei Reizung entsteht ein Generatorpotenzial, das zu Neurotransmitterfreisetzung führt.
Diese aktiviert das erste Neuron der Geschmacksbahn, das dann eine Aktionspotenzialsalve erzeugt.
2. Drei Hirnnerven leiten die Geschmackssignale
N. facialis (VII): versorgt die Zungenspitze
N. glossopharyngeus (IX): versorgt den Zungengrund
N. vagus (X): versorgt den Schlundbereich
→ Die Zellkörper der afferenten Neurone liegen in den sensorischen Ganglien dieser Hirnnerven.
3. Umschaltung im Hirnstamm: Nucleus tractus solitarii
Alle drei Nerven projizieren in den Nucleus gustatorius, Teil des Nucleus tractus solitarii (Medulla oblongata).
Hier:
Umschaltung auf das zweite Neuron
Reflexverknüpfung mit viszeromotorischen und sekretorischen Kernen (da sie auch ins NTS projezieren) → löst z. B. Speichelfluss, Magensaftproduktion, Peristaltik aus
4. Zentrale Weiterleitung – zwei Wege
a) Affektiv-vegetative Route:
Fasern ziehen zum Hypothalamus und limbischen System
Dient der emotionalen Bewertung (z. B. Ekel, Genuss) und vegetativen Reaktionauf Geschmack
Überlappung mit der Geruchsbahn in Zielgebieten
b) Bewusst sensorische Route:
Andere Fasern ziehen zum Thalamus, v. a. Nucleus ventralis posteromedialis
Von dort: Weiterleitung an die primäre Geschmacksrinde
5. Kortikale Repräsentation
Primäre Geschmacksrinde liegt im Gyrus postcentralis nahe den sensorischen Arealen der Mundhöhle
Weitere Projektionen:
Übergangszone zwischen Operculum und Insula
Orbitofrontaler Kortex:
Neuronen reagieren spezifisch auf Geschmacksqualitäten
Manche feuern nur bei Hunger → Verbindung mit Sättigung/Hedonik
Differenzierte Geschmacksverarbeitung findet hier statt:
→ räumliche Trennung der Geschmacksqualitäten im Kortex möglich
Fazit
Die Geschmacksbahn beginnt bei sekundären Sinneszellen und verläuft über drei Hirnnerven zum Hirnstamm.
Im Nucleus tractus solitarii erfolgt die erste zentrale Verarbeitung und Umschaltung.
Die Bahn spaltet sich dann in einen affektiv-vegetativen und einen bewusst sensorischen Pfad.
Die finale bewusste Geschmackswahrnehmung erfolgt in der primären Geschmacksrinde und angrenzenden kortikalen Arealen.
Was sind die drei Hirnnerven, die die Geschmackssignale weiterleiten?
Drei Hirnnerven leiten die Geschmackssignale
N. facialis (VII): versorgt die Zungenspitze
N. glossopharyngeus (IX): versorgt den Zungengrund
N. vagus (X): versorgt den Schlundbereich
→ Die Zellkörper der afferenten Neurone liegen in den sensorischen Ganglien dieser Hirnnerven.
Was geschieht im NTS (nucleus tractus solitarii) in Bezug auf den gustatorischen System?
Umschaltung im Hirnstamm: Nucleus tractus solitarii
Alle drei Nerven projizieren in den Nucleus gustatorius, Teil des Nucleus tractus solitarii (Medulla oblongata).
Hier:
Umschaltung auf das zweite Neuron
Reflexverknüpfung mit viszeromotorischen und sekretorischen Kernen (da sie auch ins NTS projezieren) → löst z. B. Speichelfluss, Magensaftproduktion, Peristaltik aus
Vom NTS (nucleus tractus solitarii), was für Routen stehen den gustatorischen Signalen zur Verfügung?
Zentrale Weiterleitung – zwei Wege
a) Affektiv-vegetative Route:
Fasern ziehen zum Hypothalamus und limbischen System
Dient der emotionalen Bewertung (z. B. Ekel, Genuss) und vegetativen Reaktion auf Geschmack
Überlappung mit der Geruchsbahn in Zielgebieten
b) Bewusst sensorische Route:
Andere Fasern ziehen zum Thalamus, v. a. Nucleus ventralis posteromedialis
Von dort: Weiterleitung an die primäre Geschmacksrinde
Beschreibe die kortikale Repräsentation der gustatorischen Signale.
Kortikale Repräsentation
Primäre Geschmacksrinde liegt im Gyrus postcentralis nahe den sensorischen Arealen der Mundhöhle
Weitere Projektionen:
Übergangszone zwischen Operculum und Insula
Orbitofrontaler Kortex:
Neuronen reagieren spezifisch auf Geschmacksqualitäten
Manche feuern nur bei Hunger → Verbindung mit Sättigung/Hedonik
Differenzierte Geschmacksverarbeitung findet hier statt:
→ räumliche Trennung der Geschmacksqualitäten im Kortex möglich.
Was sind Störungen des Geschmackssinns, und was sind deren Ursachen?
Störungen des Geschmackssinns
Formen von Geschmacksstörungen
Ageusie:
→ Vollständiger Verlust der Geschmacksempfindung.
Hypogeusie:
→ Verminderte Geschmacksempfindlichkeit, d. h. höhere Konzentrationen eines Geschmacksstoffs sind nötig, um ihn normal wahrzunehmen.
Hypergeusie:
→ Übersteigerte Geschmacksempfindlichkeit, selbst geringe Konzentrationen werden sehr intensiv wahrgenommen.
Partielle Ageusie:
→ Der Ausfall betrifft nur einzelne Geschmacksqualitäten (z. B. nur bitter oder nur süß).
Ursachen von Geschmacksstörungen
Medikamentös bedingt:
Bestimmte Medikamente können den Geschmackssinn beeinträchtigen, z. B.:
ACE-Hemmer (Blutdrucksenker)
Antibiotika
Neurologische Ursachen:
Die häufigsten Ursachen sind Schäden an den Nerven der Geschmacksbahn, z. B. durch:
Entzündungen
Verletzungen
Tumoren
Strahlentherapie-Schäden
Zentrale Störungen (im Gehirn):
Bei Schäden in den gustatorischen Kortexarealen (z. B. im Gyrus postcentralis oder Insula) kann es zu:
Geschmackshalluzinationen (Empfindung ohne Reiz)
Verwechslung von Geschmacksqualitäten kommen (z. B. süß wird als salzig wahrgenommen)
Was umfasst alles der chemische Sinn?
Einordnung
Chemischer Sinn umfasst:
Geruchssinn (olfaktorisch)
Geschmackssinn (gustatorisch)
Allgemeiner chemischer Sinn → eigenes sensorisches System, physiologisch getrennt
Was ist die allgemeine Funktionsweise und Funktion des allgemeinen chemischen Sinns?
Funktionsweise
Reize:
Wird aktiviert durch:
Reizgase wie CO₂, Ammoniak (NH₃)
Gewürzstoffe (z. B. Chili, Pfeffer)
Geruchs- oder Geschmacksstoffe in sehr hoher Konzentration
Rezeptoren:
Freie Nervenendigungen in Schleimhäuten:
Nase
Mund
Augen
Andere Körperöffnungen
Empfindungsqualität:
Typische Wahrnehmungen: Brennen, Stechen
Reaktion ist nicht lustbetont, sondern aversiv
Funktion
Schutzsystem:
Erkennt potenziell schädliche Substanzen
Reaktionen laufen unwillkürlich ab und dienen dem Körperschutz
Schützende Reflexe:
Lidschlussreflex
Speichel-, Tränen-, Schleimsekretion
Hustenanfälle, bei sehr starker Reizung sogar Atemstillstand
Beschreibe die Neuroanatomie und die sinnesphysiologische Einordnung des allgemeinen chemischen Sinns.
Neuroanatomie
Kopfbereich:
Signalweiterleitung über den Nervus trigeminus (V. Hirnnerv)
Körperperipherie:
Reizverarbeitung über somatosensorische Bahnen
Sinnesphysiologische Einordnung
Aufgrund der unangenehmen, oft schmerzhaften Wahrnehmungsqualität wird der allgemeine chemische Sinn häufig gemeinsam mit dem nozizeptiven System (Schmerzsystem) behandelt (siehe Kapitel 16).