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Neurobiologie (&Blutgruppen)

Neurobiologie

Die Neurobiologie befasst sich mit dem Aufbau des Nervensystems, die Neurophysiologie mit dessen Funktion.

Das Nervensystem besteht aus drei Komponenten:

  • Zentralnervensystem (ZNS)

  • Peripheres Nervensystem (PNS)

  • Vegetatives Nervensystem

Das ZNS ist die Steuereinheit und verantwortlich für:

  • Kontrolle der Motorik

  • Organfunktionen

  • Schlaf-Wach-Rhythmus

  • Verarbeitung eintreffender Informationen

  • Gefühle, Triebe und kognitive Funktionen

Informationen, die über Nerven ins ZNS gelangen, führen zur Wahrnehmung. Neurotransmitter sind die verwendeten Botenstoffe.

Das ZNS besteht aus:

  • Gehirn

  • Hypophyse (Hirnanhangsdrüse)

  • Rückenmark

Das Periphere Nervensystem (PNS) umfasst alle Nervenfasern und -leitungen außerhalb des ZNS, einschließlich motorischer, sensibler und vegetativer Nerven.

  • Somatisches Nervensystem: Steuert willkürliche Akte.

  • Vegetatives Nervensystem: Agiert autonom und ist der willkürlichen Steuerung entzogen.

    • Sympathikus: Versetzt den Körper in erhöhte Leistungsbereitschaft.

    • Parasympathikus: Wirkt dem entgegen (antagonistisch).

Die zugehörigen Botenstoffe sind Acetylcholin und Noradrenalin.

Nervenzellen (Neurone)

Das Neuron ist die Grundeinheit des Nervensystems, bestehend aus:

  • Zellleib (Soma) mit Zellkern

  • Dendriten (zuführende Fortsätze)

  • Axon (wegleitende Nervenfaser, Neurit)

Nervenzellen sind leicht durch chemische, elektrische oder mechanische Reize erregbar.

Man unterscheidet:

  • Multipolare Neurone: Mehrere Dendriten ziehen zum Zellleib.

  • Unipolare Neurone: Nur ein Fortsatz (Axon) ist entwickelt.

  • Pseudounipolare Neurone: Anfangsabschnitte von Axon und Dendrit sind verschmolzen.

Arbeitsweise von Neuronen

Erregungsleitung

Die Weiterleitung der Erregung basiert auf unterschiedlichen Ionenverteilungen (elektrisch geladene Moleküle) innerhalb und außerhalb der Zellmembran. Ein Konzentrationsunterschied wird durch die semipermeable Membran aktiv unter Energieverbrauch aufrechterhalten.

Die unterschiedliche Verteilung von Na^+-Ionen und K^+-Ionen bedingt eine Ladungsdifferenz bzw. Spannung (= Membranruhepotential MRP). Diese wird durch die energieverbrauchende Na+/K+ -Pumpe aufrechterhalten. Im Zellinneren befinden sich K^+-Ionen, die dem Konzentrationsgefälle folgend nach außen diffundieren würden, und negativ geladene Protein-Ionen, die die Membran nicht passieren können. Diese lagern sich innen an der Zellmembran an, wodurch die Innenseite negativ geladen wird (ca. -70 mV). Außerhalb der Zelle befinden sich vor allem positiv geladene Na^+-Ionen, die nicht ins Zellinnere diffundieren können und aktiv nach außen gepumpt werden.

Bei Reizung wird die Membran durchlässig für Na^+-Ionen, die lawinenartig einströmen. Das Membranruhepotential kehrt sich um (Depolarisation): Die Zellinnenseite wird positiv, die Außenseite negativ geladen. Diese Spannungsschwankungen können als Aktionspotential abgeleitet werden.

Die Depolarisation an einer Stelle der Nervenfaser führt zu einem Stromfluss zur benachbarten, unerregten Stelle, wodurch dort ebenfalls eine Depolarisation ausgelöst wird. Die Depolarisation breitet sich wie ein Zündfunke aus.

Anschließend wird die depolarisierte Stelle durch Ausstrom von K^+-Ionen und Rücktransport von Na^+-Ionen repolarisiert, wodurch das Ruhemembranpotential wiederhergestellt wird.

Eine Erregung verläuft nach dem Alles-oder-Nichts-Gesetz: Sobald das Membranruhepotential unter einen bestimmten Wert sinkt, strömen Na^+-Ionen ein und die Depolarisation entsteht.

Während der Depolarisation ist die Zelle refraktär, d.h. nicht erregbar, bis das Membranruhepotential wiederhergestellt ist.

Einige Nervenfasern (Axone) des PNS sind von einer Myelinscheide umgeben, die von Schwannschen Zellen gebildet wird. Zwischen den Schwannschen Zellen befinden sich Ranviersche Schnürringe.

Man unterscheidet marklose, markarme und markreiche Nervenfasern. Bei markarmen Fasern bildet eine Zelle für mehrere Neurone eine Myelinscheide, bei markreichen nur für ein Neuron. Im ZNS bilden Gliazellen die Isolationsschicht.

Die Erregungsleitung an marklosen Nervenfasern erfolgt kontinuierlich und langsam, an markhaltigen (myelinisierten) Fasern sprunghaft (saltatorisch) von Schnürring zu Schnürring und dadurch sehr schnell (bis zu 120 m/sec = 430 km/h).

Erregungsübertragung

Die Erregungsübertragung von einem Neuron auf das nächste erfolgt an Synapsen. Diese Kontaktstellen bestehen aus:

  • Präsynaptischer Membran

  • Synaptischem Spalt

  • Postsynaptischer Membran

In der Präsynapse sind Neurotransmitter in kleinen Bläschen gespeichert. Bei Ankunft einer Erregung werden die Neurotransmitter in den synaptischen Spalt freigesetzt und diffundieren zur postsynaptischen Membran, wo sie an Rezeptoren binden. Diese Bindung verändert die Membrandurchlässigkeit, die Membran wird für Na^+-Ionen durchlässig, und das Folgeneuron wird erregt.

Verschiedene Neurotransmitter können das nachfolgende Neuron erregen oder hemmen, z.B. Acetylcholin, Noradrenalin, Adrenalin, Serotonin, GABA.

Um die Synapse wieder funktionsfähig zu machen, müssen die Neurotransmitter schnell aus dem synaptischen Spalt entfernt werden, entweder durch Spaltung (z.B. Acetylcholin durch Cholinesterase) oder Wiederaufnahme in die Präsynapse.

Für die Weiterleitung einer Erregung an einer Nervenzelle ist meist eine zeitliche Summation (rasch hintereinander folgende Erregungen einer Synapse) oder räumliche Summation (gleichzeitige Erregung mehrerer Synapsen eines Neurons) erforderlich.

Räumliche Summation: Gleichzeitiges Eintreffen unterschwelliger Erregungen aus verschiedenen Richtungen auf ein Neuron, die sich im Neuron summieren und zu einer fortgeleiteten Erregung führen.

Zeitliche Summation: Rasch hintereinander folgendes Eintreffen unterschwelliger Erregungen aus derselben Richtung auf ein Neuron, die sich summieren und zu einer fortgeleiteten Erregung führen.

Grundlage für die räumliche Summation ist die Konvergenz: Mehrere Neuronen treffen auf ein weiterführendes Neuron zusammen.

Im Gegensatz dazu steht die Divergenz: Die Erregungsbahnen verzweigen sich und erregen mehrere Muskelfasern bzw. einen ganzen Muskel.

Generatorpotential

In Sinneszellen wird bei Reizeinwirkung ein Membranpotential gebildet, dessen Größe direkt proportional zur Stärke des Reizes ist (Generatorpotential). Je nach Größe des Generatorpotentials wird eine Serie von Aktionspotentialen fortgeleitet, deren Frequenz der Größe des Generatorpotentials entspricht.

In Neuronen kann nicht die Stärke, sondern nur die Frequenz der Aktionspotentiale moduliert werden (Alles-oder-Nichts-Gesetz).

Hemmungsmechanismen im Nervensystem

Die Funktion des Nervensystems beruht auf einem Zusammenspiel von Hemmung und Erregung. Je nachdem, ob mehr hemmende oder erregende Neurone auf ein weiterführendes Neuron einwirken, wird das Neuron erregt (Aktionspotential) oder gehemmt (keine Weiterleitung).

Reflexe

Ein Reflex ist eine unwillkürliche Reaktion auf einen adäquaten Reiz, die immer gleich abläuft und meist sinnvoll ist.

Der Reflexbogen besteht aus:

  • Rezeptor: Nimmt den Reiz auf.

  • Afferentes Neuron: Leitet die Erregung zum ZNS.

  • Zentrale Umschaltstelle (Synapse).

  • Efferentes Neuron: Leitet die Erregung zum Organ.

  • Effektor: Muskel, der die Reaktion ausführt.

Beispiele: Patellarsehnenreflex, Pupillarreflex, Kratzreflex.

Anatomie des Zentralnervensystems (Gehirn und Rückenmark)

Gehirn

Das Gehirn liegt im Gehirnschädel, geschützt durch drei Gehirnhäute und Flüssigkeit zwischen den Häuten.

Gliederung des Gehirns:

  • Endhirn

    • Großhirn (Cerebrum)

    • Riechhirn

  • Stammhirn

    • Zwischenhirn: Hypothalamus, Hypophyse, Zirbeldrüse und Thalamus

    • Mittelhirn: Vierhügelplatte, Crus cerebri

    • Nachhirn: Kleinhirn (Cerebellum), Trapezkörper und Brücke

    • Verlängertes Rückenmark

Hohlraumsystem des Gehirns: Das Gehirn enthält ein Hohlraumsystem mit vier Ventrikeln (I, II, III, IV), die mit Gehirnrückenmarksflüssigkeit gefüllt sind. Diese Flüssigkeit fließt über den Gehirnrückenmarkskanal ab.

Funktionen des Gehirns

Das Stammhirn (Zwischenhirn, Mittelhirn, Trapezkörper, Brücke und verlängertes Mark) steuert lebenswichtige Vorgänge wie Kreislauf, Atmung, Ernährung, Verdauung und Brechen. Es ist an der Auslösung von Verhaltensweisen wie Durst, Hunger, Aggression, Flucht und Sexualität beteiligt, bildet Hormone und reguliert die Hormonproduktion in der Hypophyse.

Das Kleinhirn dient der Bewegungskoordination. Schädigungen des Kleinhirns führen zu schwankendem Gang und Stand.

Das Großhirn dient der Verarbeitung von Informationen, die über Sinnesorgane und sensible Nervenfasern ins Gehirn gelangen. Diese Informationen werden gespeichert (Gedächtnis) oder bewirken eine sofortige Reaktion. Bestimmte Bewegungen gehen vom Großhirn aus (motorischer Cortex). Die Verarbeitung von Erregungen der Sinnesorgane findet in bestimmten Cortexarealen statt (z.B. Sehrinde, Hörrinde). Schädigungen dieser Rindengebiete (z.B. Rindenblindheit, Rindentaubheit) führen zum Ausfall des Seh- bzw. Hörvermögens, obwohl das Sinnesorgan intakt ist.

Rückenmark

Das Rückenmark liegt im Wirbelkanal und ist wie das Gehirn von Häuten umgeben. Es reicht vom Hinterhauptsloch bis zum Kreuzbein. Im Gegensatz zum Gehirn liegt die graue Substanz (Nervenzellen) innen, die weiße Substanz (Neuriten) außen. Zwischen zwei Wirbeln tritt ein Rückenmarksnervenpaar aus und führt segmental dorsal sensible Eingänge und ventral motorische Ausgänge. Im Zentrum liegt der Rückenmarkskanal, der mit Gehirnrückenmarksflüssigkeit gefüllt ist.

Aufbau des Rückenmarks:

  • Weiße Substanz (White matter)

  • Graue Substanz (Gray matter)

  • Zentralkanal (Central canal)

  • Hinterhorn (Posterior horn)

  • Seitenhorn (Lateral horn)

  • Vorderhorn (Anterior horn)

  • Dorsalstrang (Posterior column)

  • Seitenstrang (Lateral column)

  • Ventralstrang (Anterior column)

Das Rückenmark leitet Erregungen zum und vom Gehirn. Bei Durchtrennung des Rückenmarks kommt es zu einem Verlust der Empfindlichkeit und der Bewegungsfähigkeit unterhalb der Durchtrennungsstelle (Querschnittslähmung). Im Bereich der Schulterextremität vereinigen sich die Rückenmarksnerven des Hals- und Brustmarks zum Armgeflecht. Im Bereich der Hinterextremität treten die Nerven aus dem Lendenwirbelmark aus. Der wichtigste Nerv der Hinterextremität ist der N. ischiaticus.

Funktionen des Rückenmarks
  • Leitung von afferenten (sensiblen) und efferenten (motorischen) Erregungen.

  • Verschaltung von sensiblen mit motorischen Neuronen zur Auslösung von Reflexen (Patellarsehnenreflex, Defäkationsreflex, Miktionsreflex).

Bei Verletzungen des Rückenmarks kommt es zum Ausfall der Empfindungen und der Motorik unterhalb der verletzten Rückenmarksstelle (Querschnittslähmung).

Sinnesphysiologie

Die Sinnesphysiologie befasst sich mit den Organen, die Reize aus der Außenwelt aufnehmen (Sinnesorgane) und sie über Nervenimpulse als Informationen an das ZNS weitergeben. Wichtige Sinne sind Gesichts-, Gehör-, Geruchs-, Geschmacks-, Tast-, Schmerz-, Temperatur- und Gleichgewichtssinn.

Gesichtssinn

Der Gesichtssinn dient der Aufnahme von elektromagnetischen Wellen mit einer Wellenlänge von 400 - 800 nm. Das Auge ist ein kugelförmiges Gebilde aus drei Schichten:

  • Äußere Schicht: Lederhaut (derbe, bindegewebige Hülle), die am vorderen Augenpol in die Hornhaut übergeht. Die Hornhaut ist lichtdurchlässig, aber ihre Durchsichtigkeit ist stark vom Flüssigkeitsgehalt abhängig. Sie ist nicht durchblutet und wird durch das Kammerwasser der vorderen Augenkammer ernährt.

  • Mittlere Schicht: Aderhaut (gefäßreich), die beim Fleischfresser, Wiederkäuer und Pferd eine Pigmentschicht enthält, die einfallende Lichtstrahlen reflektiert und dem Dämmerungssehen dient. Die Aderhaut geht am vorderen Augenpol in die Regenbogenhaut (Iris) und den Ziliarkörper über. Die Iris bildet die Pupille und besteht aus glatten Muskelzellen, die die Pupille verengen oder erweitern können. Der Ziliarkörper kann durch Kontraktion die Krümmung der Linse und damit ihre Brechkraft verändern (Akkommodation). Er ist mit Zilien besetzt und bildet das Kammerwasser. Die Linse ist faserig und elastisch und ist mit den Zonulafasern am Ziliarkörper befestigt.

  • Innere Schicht: Netzhaut (Retina), die Sinneszellen (Stäbchen- und Zapfenzellen) für die Aufnahme von Licht sowie ableitende Nervenfasern besitzt.

Im Inneren des Auges befindet sich der Glaskörper, der lichtdurchlässig ist und den Augendruck aufrechterhält.

Akkommodation

Bei der Akkommodation werden die Linsenkrümmung und damit die Brechungskraft der Linse verändert, um ein scharfes Bild auf der Netzhaut am Gelben Fleck (= Bereich des schärfsten Sehens) zu erzeugen.

Durch Kontraktion des Ziliarmuskels wird der Kreisdurchmesser verkleinert, die Zonulafasern entspannt und die Linse nimmt aufgrund ihrer Elastizität ihre Eigengestalt mit starker Krümmung an. Bei Entspannung des Ziliarmuskels nimmt der Kreisdurchmesser zu, die Zonulafasern werden gespannt und die Linse wird flacher.

Bei Gegenständen in einer Entfernung über 5 m muss das Auge nicht akkommodieren (Ziliarmuskel entspannt, Linse flach). Für Gegenstände unter 5 m muss das Auge akkommodieren (Ziliarmuskel kontrahiert, Linse rund).

Pupillenreflex

Die Erweiterung und Verengung der Pupille wird durch die Irismuskulatur bewirkt und durch das vegetative Nervensystem gesteuert. Sie dient der Regelung der ins Auge einfallenden Lichtmenge: Die Pupille verengt sich bei großer Lichtmenge und erweitert sich bei geringer Lichtmenge. Zusätzlich verengt sich die Pupille zur Verbesserung der Tiefenschärfe beim Betrachten naher Gegenstände.

Hell-Dunkeladaption

Bei Verminderung der Lichtmenge erweitert sich die Pupille. Außerdem übernehmen die Stäbchenzellen (Schwarz-Weiß-Sehen, lichtempfindlicher) die Sehfunktion. Dadurch können in der Dämmerung keine Farben, sondern nur Grautöne gesehen werden. Da sich beim Gelben Fleck fast nur Zapfen- und kaum Stäbchenzellen befinden, ist die Sehschärfe beim Dämmerungssehen geringer als beim Tagessehen.

Zum Erreichen der Anpassung (Adaption) an die Dunkelheit werden mehrere Minuten benötigt, da sich auch die Lage der Sehzellen zueinander verändert. In den Stäbchenzellen wird Rhodopsin (Sehpurpur) zum Sehen verwendet. Diese Substanz wird aus Vitamin A synthetisiert und bei Auftreffen eines Lichtstrahles gespalten. Durch diese Spaltung entsteht eine Potentialveränderung, die an das Gehirn weitergeleitet wird.

Fleischfresser, Pferd und Rind besitzen für das Dämmerungssehen eine spezielle Schicht in der Aderhaut, an der das einfallende Licht reflektiert wird, sodass es noch einmal durch die Netzhaut tritt und damit besser fürs Sehen genutzt wird.

Farbsehen

Das Farbsehen erfolgt durch die Zapfenzellen, die besonders an der Stelle des schärfsten Sehens konzentriert sind. Es gibt unterschiedliche Zapfenzellen, die für die verschiedenen Frequenzbereiche des Lichts zuständig sind.

Skotom

Der blinde Fleck (physiologisches Skotom) ist jene Stelle der Netzhaut, an der der Sehnerv austritt und an der daher nichts gesehen werden kann. Beim zweiäugigen (binokularen) Sehen wird er nicht wahrgenommen, da das zweite Auge die nicht gesehene Stelle ergänzt und das Gehirn sich durch Erfahrung das Gesichtsfeld zusammensetzt.

Pathologische Skotome (durch Krankheiten entstandene blinde Flecke) können durch eine Gesichtsfeldbestimmung bzw. einen Wattebauschtest nachgewiesen werden.

Räumliches Sehen

Das räumliche Sehen von Gegenständen wird durch das binokulare Sehen ermöglicht. Entfernungen können durch die relative Lage der Netzhautbildchen zueinander abgeschätzt werden. Bei den Haustieren ist der binokulare Sehbereich je nach Tierart unterschiedlich entwickelt (stärker bei Jägern, weniger bei Fluchttieren). Teilweise entstehen auch durch die Stellung der Augen "blinde" Zonen.

Gehörsinn

Der Gehörsinn beruht auf Mechanorezeptoren, die darauf spezialisiert sind, in der Luft sich ausbreitende periodische Druckschwankungen aufzunehmen. Den Bereich, auf den das menschliche Ohr anspricht (16 - 20000 Hertz), nennt man Schall, darüber liegende Frequenzen bezeichnet man als Ultraschall. Tiere können höhere Frequenzen (über 60000 Hertz) als der Mensch wahrnehmen.

Das Ohr besteht aus drei Abschnitten:

  • Äußeres Ohr: Ohrmuschel und äußerer Gehörgang. Leitet den Schall an das Trommelfell.

  • Mittelohr: Liegt in der Paukenhöhle und ist nach außen durch das Trommelfell abgeschlossen. Am Trommelfell setzen Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steigbügel) an, die den Schall vom Trommelfell auf die Flüssigkeit im Innenohr übertragen und ca. 20-fach verstärken. Die Steigbügelplatte steckt im ovalen Fenster des Innenohres, kann sich darin kolbenartig bewegen und überträgt die Druckschwankungen auf das Innenohr.

  • Innenohr: Besteht aus dem Schneckengang, der durch Hohlgebilde in drei Gänge geteilt ist, die mit Flüssigkeit gefüllt sind. Der mittlere Gang beherbergt das Corti-Organ (Sinneszellen für das Hören), das auf der Basilarmembran sitzt und aus Stütz- und Sinneszellen besteht. In die Deckschicht ragen die Härchen der Sinneszellen. Die Basilarmembran besitzt unterschiedliche Breite und Steifigkeit, wodurch sich unterschiedliche Resonanzfrequenzen ergeben. Beim Hören entstehen Druckdifferenzen zwischen den Gängen, die je nach Frequenz weiter an der Basis oder weiter zur Spitze der Schnecke die Membran zum Schwingen anregen (Frequenzanalysator). Durch das Schwingen des Corti-Organs werden die Härchen der Sinneszellen mechanisch gereizt und Erregungen entstehen, die zum Gehirn weitergeleitet werden (= Hören).

Geruchssinn

Das Riechorgan liegt in der Nasenhöhle und besteht aus der Riechschleimhaut und den Sinneszellen. Die Größe der Reichschleimhaut ist bei den Tierarten je nach Stärke des Geruchssinnes unterschiedlich (z.B. Schäferhund 150 cm2, Dackel 75 cm2, Mensch 5 cm2).

Es besteht ein Unterschied zwischen Empfindungsschwelle (etwas wird gerochen) und Erkennungsschwelle (ein Geruch wird erkannt). Der Geruchssinn passt sich der Umgebung an (= Adaption), ein längeres Einwirken desselben Geruches wird nicht mehr wahrgenommen.

Der Riechvorgang basiert auf einem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Riechstoffe (Schlüssel) verbinden sich mit passenden Rezeptoren (Schloss) der Sinneszellmembran und lösen dadurch eine Erregung aus. Eine Richtungsfeststellung des Geruchs ist bei Tieren durch den feuchten Nasenspiegel möglich.

Geschmackssinn

Die Sinneszellen für den Geschmackssinn liegen in Geschmacksknospen der Mundhöhle, besonders der Zunge. Diese Geschmacksknospen sind mit Spüldrüsen ausgestattet. Menschen besitzen z.B. ca. 9000, Schwein und Ziege ca. 15000, Kaninchen 17000, Katzen 500 und Enten 200 solcher Geschmacksknospen.

Es können die Geschmacksarten süß, umami, sauer, salzig und bitter unterschieden werden. Bei Geschmacksempfindungen ist auch der Geruchssinn beteiligt. Der Schmeckvorgang stellt man sich ähnlich wie den Riechvorgang vor.

Tastsinn

Die Rezeptoren für den Tastsinn liegen in der Haut und sind teilweise wie die Sinneshaare der Katze an Haare angelagert. Sie reagieren auf Druck, Berührung und Vibration. Bei mechanischer Einwirkung auf die Haut werden durch Veränderungen des Oberflächenpotentials Impulse an das ZNS weitergeleitet.

Schmerzsinn

Durch mechanische, thermische, elektrische oder chemische Einwirkungen kommt es zur Zerstörung von Zellen. Dabei werden Substanzen frei, die Schmerzrezeptoren (z.B. freie Nervenendigungen) erregen. Je nach Leitungsgeschwindigkeit der ableitenden Nervenfaser unterscheidet man zwischen hellem, stechendem und dumpfem Schmerz. Die Funktion des Schmerzes ist der Schutz des Organismus.

Temperatursinn

Der Temperatursinn beruht auf Thermorezeptoren, die in der Haut liegen. Man unterscheidet Kaltrezeptoren (maximal ansprechbar zwischen 25° und 35°C) und Warmrezeptoren (maximal ansprechbar zwischen 38° und 43°C). Die Heißempfindung wird durch gleichzeitige Erregung der Hitzerezeptoren (45° - 50°C) und der Schmerzrezeptoren hervorgerufen.

Gleichgewichtssinn

Der Gleichgewichtssinn liegt neben dem Innenohr im Felsenbein. Er spricht auf mechanische Kräfte wie Schwerkraft und Winkelbeschleunigung an, die auf den Organismus einwirken. Er besteht aus den Bogengängen und anschließenden Höhlen, die mit Flüssigkeit gefüllt sind. Bei Drehungen des Körpers wird die Flüssigkeit in den senkrecht zueinanderstehenden drei Bogengängen beschleunigt und bewegt die Sinneshärchen. Für die Schwerkraft liegen in den Höhlen Rezeptorenfelder, die zueinander senkrecht gestellt sind und auf denen kleine, schwerere Teilchen (Steinchen) liegen. Durch die Lage des Organismus im Raum drücken diese Teilchen jeweils auf verschiedene Stellen der Rezeptorenfelder und geben damit dem ZNS Auskunft über die Lage des Körpers im Raum.