Cause-Related Marketing, Social Marketing & Purpose Branding
Lernziele
- Unterscheidung und Abgrenzung der Konzepte
- Social Marketing
- Cause-Related Marketing (CrM)
- Purpose Branding
- Fähigkeit, Ziele, Nutzen und Risiken von CrM aus Sicht
- kommerzieller Unternehmen
- Non-Profit-Organisationen (NPOs)
- Kritische Analyse der Schwelle von authentischem Engagement zu sozialer Inszenierung (Social Washing)
Social Marketing
- Definition
- Marketing zur Förderung von Verhalten mit positiven gesellschaftlichen Folgen
- Fokus: Einstellung \rightarrow Verhalten‐Änderung zugunsten des Gemeinwohls
- Kein kommerzielles Eigeninteresse, keine Gewinnerzielung
- Keine Transaktion (d.h. kein Kauf, kein Konsumanreiz)
- Instrument: aufklärende, verhaltensorientierte Kommunikation
- Wesentliche Merkmale
- Gemeinwohlorientierte Zielsetzung
- Aufklärung & Handlungsaufforderung ohne Produktkauf
- Häufig Träger: NPOs oder öffentliche Institutionen
- Beispiel
- Know Your Lemons Foundation – Kampagne "Know Your Lemons" (2017)
- Visualisiert 12 Symptome von Brustkrebs anhand von Zitronen-Metaphern
- Niedrigschwellige Wissensvermittlung führt zu Selbstuntersuchung\uparrow
- Prüf-Matrix (Estée Lauder Breast Cancer Campaign als Vergleich)
- Enthält: Einstellungsänderung, Handlungsaufforderung, sozialer Nutzen, Aufklärung
- Fehlend/teilweise: Gewinnverzicht, reines Informationsziel (da Produktverkauf involviert)
Purpose Branding
- Definition
- Nutzung gesellschaftlicher Anliegen zur Führung/Positionierung von Marken
- Ziel: Marke als verantwortungsbewusst darstellen, emotional aufladen
- Charakteristika
- Kommerzielle Unternehmen als Initiatoren
- CSR-Bezug integrierter Markenpurpose ("Reason Why" jenseits des Profits)
- Kann Kundenbindung (CLV-Steigerung) und Preisprämien ermöglichen
- Beispiel
- The Estée Lauder Companies – Breast Cancer Campaign (seit 1992)
- Verbindung von Markenimage mit Brustkrebsaufklärung
- CSR, PR und Produktverkauf (Pink Ribbon Produkte) verschmelzen
- Definition
- Kopplung eines Produktkaufs mit einer Spende für einen guten Zweck
- Kooperation: Unternehmen + NPO
- Gewinnerzielungsabsicht ausdrücklich vorhanden (Business Case)
- Transaktionsmechanik: „Von jedem verkauften Produkt fließen x\ \text{€} an \text{NPO}“
- Kommunikatives Element: werbliche Call-to-Buy statt reiner Aufklärung
- Typische Bestandteile
- Spendenanteil, Zeitfenster, Partnerschaftsnennung
- Konsumanreiz (Kaufmotiv =\, Hilfe leisten und Produkt nutzen)
- Historische & aktuelle Beispiele
- American Express "Statue of Liberty" (1983)
- 1\,ct pro Einsatz, \ 1\ \$ pro Neuantrag: Restaurierung Liberty Island
- Starbucks × Mermaids "#WhatsYourName" (2020)
- £0.50 pro "Mermaid Cookie" zugunsten trans* Jugend
- Estée Lauder Pink Ribbon Products × Breast Cancer Research Foundation
Nutzen & Ziele
- Unternehmensperspektive (Business Case)
- Imagepflege & Differenzierung
- Emotionalisierung (Storytelling: "Kauf = Gutes tun")
- Absatz- und Kundenbindungssteigerung, CSR-Sichtbarkeit
- NPO-Perspektive (Social Case)
- Zusätzliche Spenden ohne eigenes Mediabudget
- Zugang zu neuen Zielgruppen
- Reputationsboost durch starke Partnermarke
Erfolgsfaktoren
- Brand–Cause-Fit
- Logische, glaubwürdige Verbindung von Produkt/Mission und Zweck (z.B. Krombacher × WWF Regenwald)
- Transparente Spendenmechanik
- Höhe, Zeitraum, Wirkungsnachweis (Impact Reporting)
- Glaubwürdigkeit & Reputation beider Akteure
- Langfristigkeit > einmaliger Aktionismus
- Balance Business Case vs. Social Case
- \text{Wert_sozial} \approx \text{Wert_kommerziell} verhindert Vorwurf der Ausbeutung
Strategische Fragestellung
- Besser: Kooperation mit bekannter Marke (z.B. Starbucks) oder eigener Produklaunch durch NPO?
- Kooperationsvorteile: Reichweite, Distributionsmacht, PR-Hebel
- Eigenprodukt: volle Kontrollmacht, aber \text{Marketingkosten} \uparrow, Markenbekanntheit \downarrow
Social Washing – Risiko der Inszenierung
- Oberbegriff: Unternehmensaktivitäten, die soziales Engagement vortäuschen, während Geschäftsrealität konträr bleibt
Ausprägungen
- Greenwashing
- Öko-Versprechen ohne substanzielle Nachhaltigkeit (z.B. Shell CO$_2$-Kompensation 2020-24, H&M “Conscious”)
- Bluewashing
- Vorgetäuschte Sozialverantwortung via UN Global Compact Mitgliedschaft & Berichtspflicht, aber wenig Taten (BP, Nestlé, Gap)
- Pink-/Rainbow-Washing
- Kurzzeitige LGBTQIA$^+$-Symbolik ohne strukturelle Unterstützung (Absolut Rainbow Edition, Primark Pride Collection)
Kriterien zur Entlarvung
- Diskrepanz zwischen Kernbusiness und beworbenem Zweck
- Fehlender Impact-Nachweis
- Kurzfristige Kampagnen rund um Events (z.B. Pride Month) ohne Langfristcommitment
Lernchecks & Anwendungsaufgaben
- BVG CSD "*icket" 2022 einordnen
- Prüfen: Purpose Branding? CrM? Social Marketing? Rainbow-Washing?
- Analyse via Kriterienkatalog (Brand–Cause-Fit, Transparenz, Kommerzialisierung)
- Marketing Mind Map
- Pro Hauptthema (Social Marketing, CrM, Purpose Branding, Social Washing) jeweils 2\text{–}4 Fachbegriffe (z.B. Brand-Cause-Fit, CLV, Impact Reporting, CSR)
- Verbindungen erklären (z.B. "Transparenz" verknüpft CrM & Social Washing: fehlende Transparenz führt zu Washing-Vorwürfen)
Verbindungen & Gesamtüberblick
- Kontinuum des sozialen Engagements
- \text{Social Marketing} \;\longrightarrow\; \text{Cause-Related Marketing} \;\longrightarrow\; \text{Purpose Branding}
- Steigende Kommerzialisierung, abnehmender Gewinnverzicht
- Risikoachse
- Authentisches Engagement \leftrightarrow Inszenierung/Washing
- Glaubwürdigkeit = Funktion von \text{Transparenz} \times \text{Langfristigkeit} \times \text{Fit}
- Ökonomische vs. gesellschaftliche Wertschöpfung
- Ideale CrM-Partnerschaft maximiert \text{Business Case} + \text{Social Case}
- Einseitige Maximierung \rightarrow Vertrauensverlust, Reputationsschaden