Mauerwerk - Grundlagen

Einführung

  • Was ist Mauerwerk?

    • Beispiele:
      • Pyramiden von Gizeh
      • Kollosseum
      • Nikolaikirche Kiel
      • Göltzschtalbrücke
    • Referenzkarte: Uferhöfe Berlin-Mitte (8 Geschosse)
  • Steinarten in Deutschland (europäisch genormt):

    • Mauerziegel: DIN EN 771-1 / DIN 20000-401
    • Kalksandstein: DIN EN 771-2 / DIN 20000-402
    • „Leichtbeton“: DIN EN 771-3 / DIN 20000-403
    • Porenbeton: DIN EN 771-4 / DIN 20000-404
  • Marktanteile von Mauerwerk (2021):

    • Wände im Wohnungsbau in Deutschland: 70,7%
    • Schleswig-Holstein: 80,2% (5.459 Wohngebäude, 4.273 Einfamilienhäuser)
    • Baufertigstellungen in Schleswig-Holstein: Ziegel, KS, Porenbeton, Leichtbeton, Holz, Sonst.
  • Vorteile von Mauerwerk:

    • Wirtschaftlich
    • Einfach nachzuweisen
    • Robust in der Ausführung

Bauweisen

  • Wandaufbauten für Außenwände:
    • Einschalig/monolithisch
      • Mit Füll-/Dämmstoffen:
        • A: Mineralwolle (Pads)
        • B: Perlite (mineralisch)
        • C: Mineralwolle (Flocken)
        • D: Polystyrol (EPS)
        • E: Holzfaser (Flocken)
        • F: Phenolharzschaum (PF)
    • Einschalig/zusatzgedämmt (WDVS – Wärmedämmverbundsystem)
    • Zweischalig (Verblendmauerwerk)
      • Architektenordner (backstein.com) mit 230 Seiten
      • https://ziegel.de/sites/default/files/2018-10/VM037-05-%2096%20VerblendmauerwerkBroschuere_web.pdf (52 Seiten)
    • Vorgehängte Fassade

Mauerziegel

  • Wie groß sollte ein Mauerstein sein?

    1. So groß, dass man ihn (noch) in guter Qualität produzieren kann!
      • Vollziegel aus Mohenjo Daro (Indus-Tal, ca. 2500 v. Chr.): 70 \text{ x } 140 \text{ x } 280 \text{ mm}
      • Vollziegel DIN 105 – 1922 (n. Chr.): 65 \text{ x } 120 \text{ x } 250 \text{ mm} (Reichsmaß/Normalform)
      • Normalformat NF heute: 71 \text{ x } 115 \text{ x } 240 \text{ mm}
    2. So groß und schwer, dass man ihn gerade noch (schnell) verarbeiten kann!
      • Für das Versetzen von Hand < 25 \text{ kg}
      • Wärmedämmziegel (2022) RDK 0,75 – 249 \text{ x } (365) \text{ x } 248 \text{ mm}, ca. 17 \text{ kg}
    • Mit Versetzgeräten ist mehr möglich!
      • Serielles Bauen mit Mauertafeln
    • Auch Module sind aus Mauerwerk möglich
      • Serielles Bauen mit Mauertafeln
    • Oder ist das die Zukunft?
      • Roboter Hadrian, © Fastbricks Robotics, Australien
      • PU-Kleber und Roboter (Bilder: Wienerberger AG)
  • Definition Mauerziegel (DIN EN 771-1 / DIN 20000-401):

    • Mauerstein, der aus Ton oder anderen tonhaltigen Stoffen mit oder ohne Sand, Brennstoffen oder anderen Zusätzen hergestellt ist und bei einer ausreichend hohen Temperatur gebrannt wird, um einen keramischen Verbund zu erzielen.
    • Mehr Infos: www.ziegel.de, Download Ziegel-Lexikon 2020
  • Regionale Baustoffe:

    • Durchschnittliche Lieferentfernung: 107 \text{ km} (aus der Umwelt-Produktdeklaration 2021)
    • Beispiel: Kiel – Egernsund (DK) 115 \text{ km}
  • Herstellung Mauerziegel – Übersicht:

    • Rohstoffgewinnung
    • Rohstoffaufbereitung
      • Zugabe von Recycling-Material zur Porosierung (Sägemehl, Papierfasern etc.) und/oder gemahlener Ziegelbruch zur Magerung
      • Beschicker, Kollergang, Grobwalzwerk, Feinwalzwerk, Maukturm bzw. Sumpfhaus
    • Formgebung
      • Strangpresse, Abschneider
    • Trocknung
      • Trockenkammer ca. 50-100 \text{ °C}
    • Brennen
      • Tunnelofen ca. 950-1300 \text{ °C}
    • Plan-Schleifen (optional)
      • Planschleifmaschine
    • Füllung mit Wärmedämmstoff (optional)
      • Dämmstoff-Füllanlage
    • Güteüberwachung, Palettierung, Lagerung, Verladung, Versand
    • Quelle: Ziegellexikon Mauerwerk
  • Herstellung Mauerziegel – Details:

    • Rohstoffabbau
    • Rohstoffaufbereitung
      • Beschicker, Kollergang, Grobwalzwerk, Feinwalzwerk (größte Korngröße 0,9 \text{ mm}), Sumpfhaus oder Maukturm (Verweildauer ca. 14 Tage)
      • Zugabe von Recyclingmaterial (Sägemehl zur Porosierung, Ziegelbruch zur Magerung)
      • Zerkleinern
      • Homogenisieren - Sumpfhaus
      • Porosierung
    • Formen
      • Siebrundbeschicker – Doppelwellenmischer - Mundstück
      • Strangpresse – Extrusion – Abschneider
      • Alternative 3D-Druck (https://www.ismd.tu-darmstadt.de/forschungismd/3ddruck_ismd/index.de.jsp)
    • Trocknen
      • Trockenkammer ca. 50-100 \text{ °C}
    • Brennen – 850 - 1050 \text{ °C}
      • Wieso muss man Ziegel brennen?
  • Ressourceneffizienz:

    • Beispiel Boßlertunnel – Bahnprojekt Stuttgart-Ulm
      • Aufbereitung des Aushubmaterials durch qualitatives Sortieren, Differenzieren und Bewerten des zur „Verziegelung“ geeigneten Tonmaterials.
      • Absicherung der keramischen Eignung durch Untersuchungen z. B. an Brennproben
    • Einsatz von Filterkuchen, z.B. aus der Kieswäsche
      • Anteil von 1-2% an den Rohstoffen zur Ziegelherstellung
  • Klimaneutralität 2050:

    • Studie März 2021: https://ziegel.de/sites/default/files/2021-03/Ziegel24110321Web200dpi_1.pdf
    • Erforderliche Maßnahmen für eine echte Klimaneutralität
      • Keine „graue Energie“ ohne Kompensationsmaßnahmen
      • Kostenschätzung ca. 2.300 Millionen €
    • Anteile der CO_2-Emissionen bei der Ziegelherstellung aktuell
    • Maßnahmen:
      • Trocknen mit grünem Strom
      • Brennen mit grünem Wasserstoff
      • Anlagenbetrieb mit grünem Strom
      • Umstellung auf rein biogene Porosierungsstoffe
      • Verwendung kalkfreier Tone
      • Entwicklung neuer Verfahren (hohe Dauerhaftigkeit bei geringeren Brenntemperaturen)
    • Erste Pilotprojekte:
      • Zwei deutsche Ziegelwerke werden über die Klimaschutzverträge des BMWK gefördert (Janinhoff Münster, Wienerberger Kirchkimmen)
      • Einsatz von Elektroöfen bzw. Wasserstoff als Brennstoff
      • Erstes Pilotprojekt Elektroofen für Mauerziegel weltweit seit Ende November 2024 in Österreich in der Erprobung
    • Weitere aktuell laufende Projekte:
      • Einsatz von Holzgas als teilweiser Ersatz für Erdgas
      • Hochtemperatur-Wärmepumpen zur Energierückgewinnung am Ofen
      • Windkraftanlagen und Solarparks zur Erzeugung von grünem Strom vor Ort
  • Weitere Aspekte der Herstellung:

    • Rauchgasreinigung
      • Nachverbrennung der Ofen-Abluft
      • Kopplung mit Wärmetauscher
      • Zurückgewonnene Energie wird zur Trocknung eingesetzt
    • Schleifen der Lagerfläche
      • Schleifstaub geht u.a. als Magerungsmittel zurück in die Produktion
      • Zusatzstoff für Beton
    • Dämmstofffüllung
  • Mauerziegel heute:

    • Dämmstoffe haften durch Reibung
    • Getrennte Sammlung; Freiwillige Rücknahme durch Ziegelhersteller
    • Recycling durch MiWo-Hersteller
    • Rücknahme von Mineralwolle-Pads
  • Recycling gefüllter Ziegel:

    • Geplante Lebensdauer > 80 Jahre
    • Aktuell Rücknahme von Baustellenverschnitt und Wiederverwertung
    • Viele Hersteller liefern Bigbags für den Baustellenverschnitt mit den Ziegeln aus
    • Rücknahme, z. B. mit den Leerpaletten, Trennung und Wiederverwertung im Werk
    • Trennung ist technisch einfach
      • Backenbrecher, Windsichter oder Wasserbad
      • Die derzeitig verwendeten Füllstoffe haften über Formschluss/Reibung im Ziegel
    • Renaturierung der Tongruben

Mauermörtel

  • Anforderungen an die Mörtelfuge:

    • Ausgleich von Steintoleranzen und Vermeidung von Spannungsspitzen
    • Ausreichender Verbund zwischen den Steinen
    • Geringer Einfluss auf die Wärmeleitfähigkeit
  • Mauermörtelarten (DIN EN 998-2 mit deutscher Anwendungsnorm DIN 20000-412):

    • https://www.vdpm.info/
    • In Deutschland gibt es 3 grundsätzliche Mauermörtelarten. Die Produkte sind europäisch genormt.
    • Dünnbettmörtel
      • Heute überwiegend verwendete Variante (für Plansteine mit geringen Maßtoleranzen in der Höhe)
      • Soll-Fugendicke 1 bis 3 mm
      • Mörtelklassen: M10
      • https://www.vdpm.info/wp-content/uploads/2020/04/Downloads-MerkblattDuenbett2020.pdf
    • Normalmauermörtel
      • Klassische Variante für Steine mit größeren Maßtoleranzen
      • Soll-Fugendicke +-12 mm
      • Mörtelklassen: M1; M2,5; M5; M10; M20 (Zahl = Druckfestigkeit in N/mm²)
    • Leichtmauermörtel
      • Variante für wärmedämmende Steine mit größeren Maßtoleranzen in der Höhe
      • Soll-Fugendicke +-12 mm
      • Geringere Mörtelrohdichte
      • Geringere Wärmeleitfähigkeit
      • Mörtelklassen LM21 (\lambda = 0,21 \text{ W/mK}), LM36
  • Anmischen des Dünnbettmörtels:

    • Wasser-Festmörtel-Wert beachten
    • Vorzugsweise spezielle Mischwerkzeuge verwenden
    • Empfohlene Misch- und Ruhezeiten beachten
  • Alternativen:

    • Vorgefertigte Mörtelpads
    • Verkleben mit PU-Kleber
    • Lehm-Dünnbettmörtel
    • Alternativen mit allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen

Ausführung von Mauerwerk

  • Anlegeschicht für Dünnbettmauerwerk:

    • Die Anlegeschicht muss mit Normalmörtel M10 erstellt werden (DIN EN 1996-1-1/NA; NCI zu 9.1, (NA.8))
    • Wichtig zum Ausgleich der Deckentoleranzen
    • Zahlreiche Hilfsmittel zur Nivellierung
  • Allgemeine Ausführung:

    • Tragendes Mauerwerk wird in Deutschland 2024 überwiegend als Dünnbettmauerwerk hergestellt
    • Lagerfugendicke (horizontal) 1 bis 3 mm
    • Stoßfugen (vertikal) in der Regel unvermörtelt; Nut-und-Feder-System)
  • Dünnbettmauerwerk – Mörtelauftragsverfahren:

    • Tauchen (für dünnere Innenwände)
      • Die Ziegel mindestens 5 mm tief in den Mörtel eintauchen; alle Stege müssen benetzt sein
    • Vollflächige Deckelung (empfohlen für alle Wandarten, insbesondere für Außenwände)
    • Weitere Auftragsgeräte (Regelungen in den Zulassungen/Bauartgenehmigungen beachten!)
  • Mauerwerk-Verband - Überbindemaß ü:

    • Beispiel für die übliche Steinhöhe h = 249 mm, Steinlänge l = 248 mm
    • Regel in Deutschland: ü \ge 0,4 \text{ h(Steinhöhe)} = 100 \text{ mm} > 45 \text{ mm}
    • Regel in der Schweiz (SIA 266): ü \ge 0,2 \text{ l (Steinlänge)} = 50 \text{ mm}, aber mindestens 60 mm
  • Wand-Decken-Knoten:

    • Zur Minimierung von Wärmebrücken muss im einschaligen Mauerwerk die Deckenstirn gedämmt werden
    • Für die Statik, den Brand- und Schallschutz sind möglichst große Auflagertiefen sinnvoll
    • Empfehlung: Auflagertiefe a \ge 2/3 \text{ t}, statisch optimal ist a \ge 0,75-0,8 \text{ t} (d.h. z.B. 80 mm Dämmung bei t = 365 mm)
    • a = 0,8 \text{ t} bringt ungefähr ein Vollgeschoss zusätzliche Tragfähigkeit im Vergleich zu a = 0,67 \text{ t}
  • Verformungseigenschaften von Mauerwerk:

    • Kurzzeit: Elastisch und sofort, lastabhängig
      • \epsilon_{el} = \frac{\sigma}{E}
    • Langzeit (Kriechen): verzögert elastisch, lastabhängig
      • \epsilonk = * \epsilon{el}
    • Wärmedehnung: lastunabhängig
      • \epsilont = At * \alpha_t
    • Feuchtedehnung: Schwinden/Quellen
    • „deutsche“ Tabelle in DIN EN 1996-1-1/NA
    • Große Bandbreite der Werte
    • Unterschiede zwischen den Mauersteinarten
    • Empfehlung: Mischmauerwerk (z. B. außen wärmedämmende Ziegel und innen Kalksandstein) möglichst vermeiden!
    • Die Wertebereiche im deutschen Nationalen Anhang unterscheiden sich z. T. deutlich von den Angaben der EN
  • Wichtigste Ausführungsregeln in DIN EN 1996-1-1:

    • Verblendmauerwerk - Drahtanker (genormt oder zugelassen)
      • NDP zu 8.5.2.2 (2)
      • Nichtrostender Stahl
      • Mindestdurchmesser 4 mm
      • Mindestanzahl nach Norm DIN EN 1996-1-1/NA oder Zulassung
      • An freien Rändern zusätzlich 3 Anker/m Wandlänge
      • Mindestanzahl nach Norm NDP zu 8.5.2.2 (2) Tabelle NA.19 oder Zulassung
        • Differenziert nach Windzone
        • Maximale Abstände vertikal 500 mm, horizontal 750 mm
        • Maximaler lichter Abstand der Mauerwerksschalen 150 mm – größere Abstände sind nach Zulassung möglich
  • Wichtigste Ausführungsregeln in DIN EN 1996-2:

    • Dehnungsfugen in nichttragenden Wänden Abschnitt 2.3.4.2
      • Vorzugsweise Anordnung
      • Alternativen an der Gebäudeecke
      • Empfohlene maximale Abstände
      • Ausführung

Putze

  • Allgemein:
    • Bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Vormauerziegel und Klinker) sind Mauersteine nicht frostbeständig und müssen gegen das Eindringen von Feuchte geschützt werden.
    • https://www.vdpm.info/putz/leitlinien-zum-verputzen/ (68 Seiten; Ausgabe November 2022)
    • DIN EN 998-1: Putzmörtel
    • DIN EN 13914-1: Planung, Zubereitung, Ausführung; Außenputze
    • DIN EN 13914-2: Planung, Zubereitung, Ausführung; Innenputze
    • Außenputze

Zusammenfassung

  • Mauerwerk ist der wichtigste Baustoff im Wohnungsbau
  • Alle technischen Anforderungen können jetzt und in Zukunft erfüllt werden
  • Die Zukunftsthemen Nachhaltigkeit und Recycling sind mit Mauerwerk wirtschaftlich lösbar
  • Weitere technische Infos www.ziegel.de